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1 | Was ist Gedenken?

An wichtigen Gedenktagen werden Kränze niedergelegt und Reden gehalten. Der Historiker Prof. Dr. Malte Thießen leitet das LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte und warnt: "Gedenken darf nicht zur Routine werden".

Ist Gedenken politisch?

Was geht uns das heute noch an?

Schützt Gedenken vor Hass und Gewalt?

2 | Wie geht gutes Gedenken?

Wie erreichen wir alle?

Likes für Leid – ist das noch Gedenken?

Gutes Gedenken braucht drei Dinge

Stolpersteine – sinnvoll oder taktlos?

3 | LWL-Klinik Lengerich gedenkt NS-Opfern

Ab Januar 1934 wurden die Insassen der Provinzial Heil- und Pflegeanstalten zwangssterilisiert, deportiert und ermordet. Als Nachfolgeinstitution des Provinzialverbandes, begann der LWL nach einer langen Phase der Verdrängung, erst in den 1970er Jahren mit der Aufbereitung der NS-Verbrechen.

Heute erforscht Dr. Jens Gründler als Historiker am LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte unter anderem die Psychiatriegeschichte im 19. und 20. Jahrhundert.

Parallel zur Forschung entstanden ab den 1980er Jahren in vielen LWL-Kliniken Gedenkinitiativen, die oft von Angehörigen, Pflegekräften, Sozialarbeiter:innen und Ärzt:innen getragen wurden – so zum Beispiel in der LWL-Klinik Lengerich. Dort gibt es bis heute ein vielfältiges und aktives Gedenken, unter anderem in Form eines Gedenkpfads.

Ziel ist es, nicht nur zu erinnern, sondern auch für eine humane Psychiatrie und Kultur der Inklusion einzustehen und aufmerksam jeder Gefährdung der Menschenwürde entgegenzuwirken.

Es war ihnen klar.

(Wieso) funktioniert Gedenken in Lengerich?

440 Patient:innen verlegt – in den Tod.

Der Gedenkpfad der LWL-Klinik Lengerich

4 | Vielfältiges Gedenken in LWL-Kliniken

Bis 1945 wurden über 3.500 Patientinnen und Patienten der Provinzialheilanstalten zwangssterilisiert, fast 6.000 Patientinnen und Patienten wurden Opfer der NS-„Euthanasie“-Aktionen und umgebracht.
Gedenken findet daher nicht nur in der LWL-Klinik Lengerich statt, sondern an vielen anderen LWL-Kliniken in Westfalen-Lippe.

LWL-Klinik Marsberg

Auf dem anstaltseigenen Friedhof sind auch Opfer der NS-„Euthanasie“, der „Kinderfachabteilung“ der damaligen Provinzialheilanstalt Marsberg beerdigt. Der Anstaltsfriedhof gehört zu den wenigen Gedenkstätten in Deutschland mit erhaltenen Gräbern.

Das Kollegium der LWL-Schule für die Kinder der Kinder und Jugendpsychiatrie (KJP) und jungen Erwachsenen des Therapiezentrums, führt in ihrer Freizeit Projekttage durch.

zur Webseite mit Informationen zum Gedenken in Marsberg

LWL-Klinik Münster, Gedenken NS-Psychiatrie-Geschichte

In der LWL-Klinik Münster gibt es folgende Gedenken bzw. Informationen zum Gedenken an die NS-Zeit in der Klinik.

Lukaskirche auf dem Klinikgelände

1984: Im Innenraum der Lukas-Kirche (Klinikgelände) erinnert seit 1984 eine Skulptur und Mahnmal mit dem Titel „Im Feuer verbrannt - Im Rauch bestattet“ der Bildhauerin Margot Stempel-Lebert an die ab dem 21.9.1940 deportierten und ermordeten Patienten:innen der damals als „Marienthal“ bekannten heutigen LWL-Klinik Münster.

Mahnmal im Innenraum der Kirche. Daneben in großen Buchstaben die Worte "IM FEUER VERBRANNT IM RAUCH BESTATTET"

Mahnmal in der Klinikkirche, Foto: Sibylle Kaufhold/LWL

2006: Am 1.9.2006 wurden drei Stolpersteine vor der Lukaskirche verlegt. Die Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig, das im Jahr 1992 begann. Mit im Boden verlegten kleinen Gedenktafeln, sogenannten „Stolpersteinen“, soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden.

Schwester Laudeberta

Erinnern möchten die LWL-Klinik auch  an den mutigen Einsatz der Ordensschwester Laudeberta. Die Nonne des Ordens der Clemensschwestern warnte Bischof von Galen vor der Deportation von psychiatrischen Patienten:innen. Diese Informa­tionen über die „Euthanasie-Ak­tion T4“ der Na­tionalsozialisten veranlassten den Bischof Clemens August Graf von Galen zu seinen bekannten Predigten 1941 in der St.-Lamberti-Kirche in Münster.

Schwester Laudeberta war in leitender Position von 1920 bis 1971 in der LWL-Klinik Münster, tätig.

Um die Erinnerung an Schwester Laudeberta und ihren Heldenmut lebendig zu halten, ist im Sommer 2022 der Uferweg, der Stadt Münster, der sich in der Nähe des Münsterschen Doms befindet, in den Schwester-Laudeberta- Weg umbenannt worden.

Stolpersteinverlegung am 4.10.2025

Am 4.10.2025 wurde an der Wolbecker Str. 103 in Münster ein Stolperstein für Paul Dübe verlegt, der von 1929 bis 1943 in der Provinzial- Heilanstalt Marienthal (heute LWL-Klinik Münster) als Patient behandelt wurde.

Paul Dübe wurde als „Opfer der NS-Rassenhygiene und Euthanasie“ Ende Juni 1943 zum Sammelpunkt „Gertrudenhof“ (Ecke Warendorfer Str./ Kaiser-Wilhelm-Ring) in Münster gebracht, wo seine Schwester Theresia und seine heute noch lebende Nichte Helma ihn persönlich verabschiedeten. Von dort wurde er über die „Zwischenanstalt“ Eichberg in die Tötungsanstalt Hadamar transportiert, wo er am 15.11.1943 im Alter von 38 Jahren ermordet wurde.

Ein Trierer Geschichtsstudent hatte sich mit dem Leben von Paul Dübe beschäftigt und die Verlegung des Stolpersteines angeregt.

LWL-Klinik Warstein

In Warstein findet jedes Jahr am Totensonntag an der Treisekapelle eine Gedenkveranstaltung statt. 2025 am 23. November um 11:15 Uhr.

In der Treisekappelle gibt es seit 2012 Gedenktafeln mit den Namen der Euthanasieopfer. Jeder Name ist doppelt vorhanden: auf einem abnehmbaren Täfelchen und auf der freiwerdenden Fläche an der Wand. Die abnehmbaren Täfelchen werden an Mitarbeitende, Bürger, Interessierte u.a. verteilt, die damit symbolisch eine Patenschaft übernehmen und die Erinnerung an die Person wachhalten.

zur Webseite der Gedenkstsätte "Treise-Kapelle".

LWL-Maßregelvollzugsklinik Schloss Haldem

Die Gemeinde Stemwede will zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust am 27.01.26 ihre Ratsmitglieder, Vertreter:innen der Heimatpflege und Pressevertreter:innen in die LWL-Maßregelvollzugsklinik Schloss Haldem aufgrund der NS-Geschichte des Schlosses einladen.

Über das LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte

Das LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte ist eine wissenschaftliche Einrichtung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe. Es betreibt moderne Regionalgeschichtsforschung mit dem Schwerpunkt auf der Neueren Geschichte und Zeitgeschichte. Die Referentinnen und Referenten erforschen die Sozial-, Politik-, Wirtschafts-, Geschlechter- und Kulturgeschichte Westfalens und darüber hinaus. Mit seinem Fokus auf der Zeit vom 19. Jahrhundert bis heute spürt das Institut der Problemgeschichte der Gegenwart nach.