Bitte weitergeben! − Wie junge Menschen die Erinnerungen von Holocaust-Überlebenden lebendig halten
Viele Überlebende des Holocaust sind über 90 Jahre alt. Irgendwann wird es keine Zeitzeugen mehr geben. Wer wird dann ihre Geschichten erzählen?
Stimmen lebendig halten
Der Verein Zweitzeugen e.V. hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Stimmen von Holocaust-Überlebenden nicht verstummen zu lassen.
Dazu wurden die persönlichen Lebensgeschichten von 38 Holocaust-Überlebenden dokumentiert und pädagogisch aufbereitet. In Workshops, Ausstellungen und Veranstaltungen ermutigt der Verein junge Menschen, diese Geschichten als zweite Zeug:innen – als so genannte Zweitzeug:innen – weiterzugeben.
Gemeinsam haben LWL-Förderschulen und der Verein die Materialien nun inklusiv gestaltet.
"Das hat mich sehr, sehr bewegt"
Einer der Förderschüler ist Mohammed Guebli. Er besucht das LWL-Berufskolleg in Soest.
Im Unterricht hat er unter anderem die Überlebensgeschichte von Erna de Vries kennen gelernt – eine Geschichte, die ihn sehr bewegt hat. Erna de Vries wurde im jungen Alter von 16 Jahren nach Auschwitz deportiert und überlebte wie durch ein Wunder die Schrecken des Konzentrationslagers. Sie war damals jünger als Mohammed heute.
Die Geschichte von Erna de Vries hat Mohammed so beeindruckt, dass er ihren Nachkommen einen Brief geschrieben hat, in dem er ihnen, wie er sagt, "seinen größten Respekt" ausgesprochen hat.
Was nimmt Mohammed aus dem Projekt mit?
Was sagen die jungen Zweitzeug:innen?
Wie Mohammed haben sich bereits über 340 Schülerinnen und Schüler der LWL-Förderschulen intensiv mit den Lebensgeschichten von Holocaust-Überlebenden auseinandergesetzt. Was die Jugendlichen besonders berührt hat, erzählen sie hier:
Barrierefreie Holocaust-Aufklärung an Förderschulen
Damit auch Schülerinnen und Schüler mit Seh- und Höreinschränkungen wie Mohammed, Julius, Lilith und Florian zu Zweitzeug:innen werden können, brauchen sie barrierefreie Arbeitsmaterialien.
Diese gab es bisher nicht, da das Konzept des Vereins Zweitzeugen ursprünglich nur für Regelschulen ausgelegt war. Durch die Zusammenarbeit mit Lehrkräften der LWL-Förderschulen konnten die Projektmaterialien barrierefrei gestaltet werden. So gibt es die Zeitzeugeninterviews und ihre Geschichten nun auch in Leichter Sprache.
Die Videos erhielten Untertitel und Audiodeskription und wurden in Deutsche Gebärdensprache übersetzt. Nun können auch Schülerinnen und Schüler mit Seh- und Hörbeeinträchtigungen sie verstehen.
Das Projekt an den LWL-Förderschulen wurde mit 100.200 Euro aus Mitteln der LWL-Sozialstiftung gefördert.
Sara Elkmann vom Verein Zweitzeugen über die besondere Zusammenarbeit mit den LWL-Förderschulen:
Wie geht es weiter?
Birgit Westers, LWL-Jugend- und Schuldezernentin, über die Zukunft des Kooperationsprojekts mit dem Verein Zweitzeugen.
Dr. Georg Lunemann, der Direktor des LWL:
"Die Zeitzeugen werden immer weniger. Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir junge Menschen haben, die sich mit den Biografien, mit den Lebensgeschichten der betroffenen Menschen aus dem Holocaust auseinandersetzen."
Was sind Zweitzeug:innen?
Sara Elkmann vom Verein Zweitzeugen erklärt, was Zweitzeug:innen sind.
Der Verein Zweitzeugen e.V.
Der Verein Zweitzeugen ermutigt und befähigt (junge) Menschen, durch das Weitergeben der Geschichten von Überlebenden des Holocaust selbst zu zweiten Zeug:innen, zu Zweitzeug:innen zu werden.
Die Geschichte von Erna de Vries
Erna de Vries ist eine von insgesamt 38 Holocaust-Überlebenden, deren Geschichte der Verein Zweitzeugen dokumentiert hat.