05.12.25 | Kultur Erste größere Ausgrabung in Lichtenauer Altstadt legt historischen Gewölbekeller frei
Ansicht des bereits zum Teil freigelegten Kellerraumes von Nord-West.
Foto: EggensteinExca/Max Diebold
Hintergrund
Die Lange Straße führt von Paderborn kommend von Westen nach Osten durch die Lichtenauer Altstadt und war seit der Stadtgründung um 1321 ihre Hauptverkehrsachse. Schon früh waren die Grundstücke beiderseits der Straße bebaut, auch das Areal der Burg zieht bis an diese Straße. Sowohl die Burg als auch die Pfarrkirche nördlich der Langen Straße reichen bis in die Frühzeit der Stadt zurück.
Nur wenige Meter östlich der Burg und einer angrenzenden Scheune liegt der neu entdeckte Keller. Er zeigt, welches Potential für die Baugeschichte der Stadt im Lichtenauer Untergrund schlummert. Denn wie die Häuser der Bürger im Mittelalter aussahen und wie sie sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt haben, lässt sich meist nur noch anhand der Überreste im Boden und durch archäologische Ausgrabungen erforschen. Tätig werden die Archäologinnen und Archäologen aber nur dann, wenn die Bodendenkmale neuen Bauvorhaben weichen müssen. Ansonsten bleiben die Überreste für nachfolgende Generationen geschützt im Boden.
Ein Keller führt in die Vergangenheit
Bei der ersten größeren Ausgrabung in der Altstadt von Lichtenau wurde nun der Keller im mittleren Grundstücksbereich freigelegt. Allein die Ausmaße von zehn Metern mal zehneinhalb Metern deuten ein stattliches Gebäude an, das in Teilen des Erdgeschosses in Bruchsteinmauern errichtet wurde. Wahrscheinlich reichte das ursprüngliche Gebäude einst bis zur Straße. Hierauf deutet ein Kellerzugang, der dort unter ein heute bestehendes Haus führte.
Seitlich des Eingangs ist noch eine kleine Nische zu sehen, in der die Lampe abgestellt werden konnte, um den Keller zu erhellen. An der Südseite des Kellers sind zudem noch zwei Lichtschächte auszumachen. Der Keller besaß ursprünglich gemauerte Gewölbedecken. Zwei tonnenartige Nord-Süd-verlaufende Gewölbe lagen einst auf den Seitenwänden und auf einer Zwischenmauer auf. Diese teilte den Kellerraum in zwei Hälften. An einer Ecke sind noch das Fundament und eine Mauerrundung von einer Wendeltreppe zu erkennen, die einen direkten Zugang vom Erdgeschoss in den Keller ermöglichte. Vergleichbare Treppenanlagen etwa aus Paderborner Stadthäusern mit gehobener Ausstattung datieren ins 16. Jahrhundert.
An der Westseite zeigt ein zugesetzter Türbogen möglicherweise einen Zugang zu einem weiteren Kellerraum, der sich aber nicht mehr erhalten hat.
Wohnsitz eines Bürgers oder Burgumfeld - Auswertungen folgen
Für Dr. Sven Spiong, Leiter der Bielefelder LWL-Archäologie für Westfalen, bietet die noch ganz am Anfang stehende Auswertung des Befundes eine Fülle von Fragen: "Errichtete hier ein reicher Bürger an der Hauptstraße von Paderborn bis nach Warburg seinen repräsentativen Wohnsitz, der es ihm ermöglichte in mehreren Kellerräumen Güter bzw. Vorräte zu lagern? Oder steht das Gebäude im Zusammenhang mit der westlich angrenzenden Zehntscheune, die hier im Schatten der Burg errichtet wurde?"
Auch die Frage nach dem Alter des Kellers und seine verschiedenen baulichen Veränderungen im Laufe der Zeit sind noch zu klären. Der untere Teil des Kellers bleibt für spätere Forschende im Boden unter dem Neubau eines Mehrfamilienhauses erhalten.
Für Bürgermeisterin Ute Dülfer ein historischer Fund, der auf die Geschichte der Stadt blicken lässt: "Die nun entdeckten Überreste eines repräsentativen Gebäudes an der Langen Straße ergänzen das Bild unserer im Mittelalter gegründeten Stadt, das noch heute vom Burgturm und Kirchturm aus der Gründungszeit geprägt ist."
LWL-Einrichtung:
LWL-Archäologie für Westfalen
Außenstelle Bielefeld
Am Stadtholz 24 a
33609 Bielefeld
An der Südseite des Kellers sind links und rechts noch die Ansätze der tonnenartigen Gewölbedecke, Teile der ausgebrochenen Zwischenwand und einer der beiden Lichtschächte zu sehen.
Foto: EggensteinExca/Max Diebold
Fundament einer Wendeltreppe im Nordwesten des Kellers. Über diese Treppe gelangte man direkt vom Erdgeschoss in den Keller.
Foto: EggensteinExca/Max Diebold
Der Zugang zu einem weiteren Keller im nördlichen Grundstücksbereich wurde wie alle Keller in den anstehenden Kalkfelsen gehauen (links zu sehen) und mit einer Bruchsteinmauer verkleidet. Eine Lichtnische für das Abstellen einer Lampe hat sich noch gut erhalten.
Foto: EggensteinExca/Max Diebold
Der Zugang zu einem nicht mehr erhaltenen östlichen Kellerraum wurde im Laufe der Umnutzung zugemauert.
Foto: EggensteinExca/Max Diebold
Pressekontakt
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Dr. Julia Großekathöfer, LWL-Archäologie für Westfalen, Telefon: 0251 591- 8946
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