11.11.25 | Psychiatrie Damit auch kleine Pflänzchen wachsen können
Mit Gartenarbeit gegen Gedankenkarussell im LWL-Wohnhaus im Werth
Im Herbst entspannt sich Hannes Daumann beim Laub harken.
Foto:LWL/Kerstin Seifert
Eine schwere Erkrankung hatte den damaligen Heizungsbauer in eine Lebenskrise gestürzt. Der Alkohol half ihm zu vergessen, aber er hinterließ Spuren, nicht nur körperlich, auch seine Familie brach auseinander. Als Hannes Daumann 2019 im LWL-Wohnhaus im Werth ankam, durchlief er erst einmal eine Entgiftung und begann dann ganz langsam, sich einzugewöhnen. In diesem Zuge engagierte er sich im Garten-Team der Einrichtung. "Die Arbeit hier im Garten hat mir sehr geholfen und ist auch heute noch ein wichtiger Bestandteil meines Alltags", erzählt der 67-Jährige. Schon als Kind habe er fleißig im Gemüsegarten seiner Eltern geholfen. Mehrmals in der Woche trifft man ihn hinter dem Haus am Dorstener Bürgerpark an, wo er emsig harkt, gießt oder Unkraut zupft. "Damit auch die kleinen Pflanzen Platz zum Wachsen haben", so der Vater von drei erwachsenen Söhnen.
"In unserem kleinen Team bringt sich jedes Mitglied mit seinen Fähigkeiten ein", erklärt Bernd Pape. Gemeinsam habe man eine kleine grüne Oase geschaffen, freut sich der Arbeits- und Strukturtherapeut. Dabei gebe es keinen Zwang. Jeder entscheidet selbst, wann er oder sie Zeit oder Lust auf die Aktivität im Grünen hat.
"Während der Gartenarbeit kann ich mein Gedankenkarussell anhalten", erklärt Hannes Daumann. Alle körperlichen Beschwerden, die ihn als Folge des jahrelangen Alkoholmissbrauchs plagen, wie eine Polyneuropathie in den Füßen und Beinen, treten dabei in den Hintergrund. Die Struktur, die er in den Beeten erzielt, setzt sich in seinem Leben und Denken fort. Eine große Hilfe seien auch die Betreuer und Betreuerinnen im Wohnhaus, so Daumann. Sie bieten ihm ebenfalls Halt, sind immer ansprechbar. Mittlerweile hat der Opa von sechs Enkelkindern wieder einen guten Kontakt zu seiner Familie. Und selbst, wenn ihn manchmal eine depressive Episode tagelang lähmt, findet Hannes Daumann mit der Unterstützung des Wohnhaus-Teams immer wieder zurück ins Grün. Denn die Pflanzen brauchen ihn, um zu wachsen, und so ist es auch umgekehrt.
Hintergrund
Im Wohnhaus im Werth erhalten Menschen, die als Folge einer Suchterkrankung unter körperlichen oder seelischen Beeinträchtigungen leiden, Unterstützung auf dem Weg zurück ins Leben. Dabei bietet das multiprofessionelle Team den Bewohner:innen die Möglichkeit einer tagesstrukturierten Beschäftigung mit dem Ziel, später in ein geschütztes Arbeitsverhältnis zu wechseln, wenn das möglich ist. Die Wohnsituation gliedert sich von einem Zimmer in einer Wohngruppe bis hin zu einem eigenen Appartement als Zwischenstation zu einer eigenen Wohnung mit ambulanter Betreuung. Das Wohnhaus im Werth ist dem LWL-Wohnverbund in Marl-Sinsen angegliedert.
http://www.lwl-wohnverbund-marl-sinsen.de
Bernd Pape und Hannes Daumann (r.) planen ständig weitere Pflanzaktionen.
Foto:LWL/Kerstin Seifert
Im Sommer genießt der sechsfache Opa gerne eine kleine Pause und lauscht dem Plätschern des Brunnens.
Foto:LWL/Kerstin Seifert
Pressekontakt
Kerstin Seifert, LWL-Klinikum für Kinder- und Jugendpsychiatrie Marl-Dortmund - Haardklinik, Tel.: 02365/802-2126, E-Mail: kerstin.seifert@lwl.org
Der LWL im Überblick
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit mehr als 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 20 Krankenhäuser, 18 Museen, zwei Besucherzentren und ist einer der größten Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
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