05.06.25 | Psychiatrie Geselligkeit und Abwechslung im geschützten Raum
Lengericher Demenz-Tanztee hat viele Fans
Auf den nächsten Demenz-Tanztee am 11.6.2025 freuen sich (v.l.): Kaplan Thomas Linson, Henriette Wagner und Andre Fauth (Tanzcentrum Ihr Team GmbH), Doris Richter Kreis Steinfurt), Silke Krumme (Hospiz-Verein), Regine Groß und Anke Frehse-Meyer (beide LWL-Klinik Lengerich).
Foto: LWL/Barbara Köhling
Lengerich (lwl). Klönen an der Kaffeetafel, Beisammensein in schöner Atmosphäre und ab und zu ein Tänzchen - auf den ersten Blick sind die Treffen im Gemeindehaus der Katholischen Kirchengemeinde St. Margareta ein nachmittäglicher Zeitvertreib wie man ihn kennt. Wenn man genauer hinschaut, fällt auf: Die meisten Besucher:innen sind zu zweit gekommen - ältere Ehepaare, Mutter und Tochter, Freundinnen im Seniorenalter oder Patenkinder mit der Oma. Der Tanztee für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen ist eine ganz besondere Veranstaltung, jedes Paar bringt Alltagserfahrungen mit Gedächtnisstörungen unterschiedlicher Ausprägungen mit. Sie vereint gleich mehrere gute Ideen für ältere Menschen aus der Region.
Zur Geschichte: Die Eheleute Henriette Wagner und Andre Fauth waren von der Betreuung ihrer Eltern auf der gerontopsychiatrischen Station der Lengericher Klinik des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) so angetan, dass sie ein Angebot für Menschen mit Demenz schaffen wollten. Die LWL-Klinik hatte zeitgleich Fördermittel des Landes für ein lokales Projekt zugesagt bekommen, in dem Mitarbeitende Menschen mit Demenz zu Hause aufgesucht werden sollten. Dann kam die Corona-Pandemie dazwischen. In dieser Zeit entstand dann in vielen Gesprächen die Idee, sich gemeinsam auf den Weg zu machen und die Anregung von Henriette Wagner, Inhaberin der Tanzschule "Ihr Team GmbH", und Andre Fauth aufzunehmen: Der Tanztee als niedrigschwelliges Format, das Betroffenen und Angehörige im Großraum Lengerich regelmäßig zusammenbringt, war geboren. Die positive Wirkung von Musik haben die beiden bei ihren Eltern mit fortgeschrittener Demenz deutlich wahrgenommen.
Regine Groß aus der Pflegeentwicklung der LWL-Klinik Lengerich nahm den Ball gerne auf. Sie ist jedes Mal mit dabei und freut sich über die Begleitung von Kolleg:innen aus der Klinik, wie zuletzt mit Anke Frehse-Meyer von der Gerontopsychiatrischen Station.
Kaplan Thomas Linson von der Katholischen Kirchengemeinde Seliger Niels Stenson stellt die Räume und ist persönlich dabei. Doris Richter von der Pflegeberatung des Kreises Steinfurt nimmt ebenso teil wie der Hospiz-Verein Region Lengerich, vertreten von Silke Krumme und Sabine Rottmann. Sie alle mischen sich unter die Besucher:innen, schenken Kaffee aus, sorgen für Unterhaltung und beantworten Fragen und geben Tipps. Die Kosten für Kaffee, Kuchen und kleine Geschenke übernimmt die Windmöller & Hölscher KG. Auch die VHS Lengerich und die HAUS WIDUM-Gruppe zählen zu den Unterstützern.
An einem der Tische saßen beim letztem Treffen zum Beispiel Mutter und Tochter. Die an Demenz Erkrankte hatte die Frage ihrer Tochter abgelehnt, sich beim Tanzen mit ihr zu versuchen. "Ich muss es so deutlich sagen: Demenz ist eine Scheiß-Krankheit. Meine Schwester und ich wollen unsere Mutter gerne unterstützen und lernen seit der Diagnose viel über das Krankheitsbild. Regelmäßig besuchen wir Angehörigentreffen, erfahren Neues, erhalten Antworten und tauschen uns gerne mit anderen aus. Das hilft uns sehr, denn unsere Mutter hat sich sehr verändert. Ihr Interesse an vielen Themen hat sie verloren und häufig keine Lust, etwas zu tun."
Wenn sie ihre Mutter, die seit rund einem Jahr im Pflegeheim wohne, besucht, möchte sie gerne gemeinsam etwas unternehmen und sich unter Leute begeben. "Daher kommen wir gerne und regelmäßig hierher. Und wenn dann andere Person, zum Beispiel aus dem Orgateam, meine Mutter zum Tanzen auffordert, dann macht sie fast immer mit. Das freut mich immer sehr", so die Tochter. Nebenan sitzen zwei Herren. Einer von ihnen ist früher immer mit seiner Frau gekommen, die nun verstorben ist. "Wir haben ihn eingeladen und ermuntert, auch alleine zu kommen, wenn es ihm guttut. Wir freuen uns, dass er der Einladung gefolgt ist", betont Regine Groß. Überhaupt scheinen sich alle hier zu kennen, an den Kaffeetischen wird viel gesprochen, es herrscht Wiedersehensfreude und es wird viel gelacht. Die Normalität im geschützten Raum tut den an Demenz Erkrankten und ihren Angehörigen sichtbar gut.
Seit Oktober 2022 lädt die Lokale Allianz für Menschen mit Demenz fünf Mal im Jahr zum Tanztee ein: Es kommen durchschnittlich zwölf von Demenz betroffene Personen mit Angehörigen. Der Tisch ist gedeckt, es gibt Kaffee und Kuchen und die Musik lädt zur Bewegung. Wer sich nicht im Standardtanz versuchen will oder sich allein nicht auf die Tanzfläche traut, der ist auf jeden Fall bei der Polonaise dabei, die jedes Mal alle Gäste in Bewegung bringt. Der nächste Tanztee findet am Mittwoch, 11. Juni, ab 15 Uhr im Gemeindehaus der Katholischen Kirchengemeinde St. Margareta statt. Anmeldungen sind möglich unter Tel. 0152 04116289 oder per E-Mail an demenz-tanztee@lwl.org.
Pressekontakt
Barbara Köhling, LWL-Klinik Münster, Telefon 05481 12-1013, kommunikation-le@lwl.org und Thorsten Fechtner, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
Der LWL im Überblick
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit mehr als 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 20 Krankenhäuser, 18 Museen, zwei Besucherzentren und ist einer der größten Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
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