26.05.25 | Kultur 3.000 Jahre alte Gräber am Friedhof in Frotheim entdeckt
Drohnenaufnahme der Ausgrabungsfläche am Gemeindefriedhof von Espelkamp am nordwestlichen Rand der Ortschaft Frotheim.
Foto: Stadt Espelkamp/P. Metzner
Espelkamp (lwl). Ein Ausgrabungsteam unter Begleitung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) untersuchte in den vergangenen Wochen ein Brandgräberfeld der späten Bronze- und Eisenzeit, das bei der Erweiterung des bestehenden Gemeindefriedhofes von Frotheim (Stadt Espelkamp, Kreis Minden-Lübbecke) entdeckt wurde. Das Ergebnis: Schon vor 3.000 Jahren war dieser Ort ein Friedhof mit Urnengräbern, einigen Leichenbrandnestern und mehreren sogenannten Brandschüttungsgräbern, die Reste von Scheiterhaufen beinhalteten.
"Der Platz wurde bereits in der späten Bronzezeit und wohl auch in der Eisenzeit als Begräbnisort genutzt", erklärt Sebastian Düvel, Wissenschaftlicher Referent bei der LWL-Archäologie für Westfalen. Suchschnitte seien im Vorfeld der Friedhofserweiterung nötig gewesen, da bereits 1956 und 1967 auf dem derzeitigen Friedhofsareal zwei Urnen bei der Anlage neuer Gräber entdeckt wurden.
Erste Ergebnisse - 13 Urnengräber und mehr
Die Untersuchung führte eine archäologische Fachfirma unter Leitung des Archäologen Geoff Carver in Zusammenarbeit mit der LWL-Archäologie für Westfalen durch. Insgesamt konnten sie 41 Befunde eines Brandgräberfeldes dokumentieren. Davon allein 13 Urnengräber, einige Leichenbrandnester sowie mehrere Brandschüttungsgräber, die Reste der einstigen Scheiterhaufen beinhalteten.
Die Verbrennung der Toten war einst die Regel, weiß Dr. Sven Spiong, Leiter der Außenstelle Bielefeld der LWL-Archäologie für Westfalen: "Zum Beginn der späten Bronzezeit kommt es zu einem grundlegenden Wandel der geläufigen Bestattungssitten, man fängt nun an seine Angehörigen zu verbrennen. In Ostwestfalen ändert sich das - bis auf wenige Ausnahmen - erst wieder im frühen Mittelalter."
Das Alter der Bestattungen können die Fachleute anhand der verwendeten Grabgefäße bestimmen, sie stammen aus der Zeit um 1.000 v. Chr. Da einige der Urnen mit Beigaben und Leichenbrand vor Ort direkt im Block geborgen wurden, ist eine Datierung der einzelnen Brandbestattungen erst nach und nach möglich. Diese werden nun bei der LWL-Archäologie für Westfalen in Bielefeld weiterbearbeitet: der Leichenbrand wird vorsichtig entnommen, die oft zerbrochenen Gefäße gereinigt und wieder zusammengesetzt. Die Fachleute hoffen, dass sie dabei auch noch Beigaben wie Perlen, Nadeln oder Rasiermesser finden.
Wandel in den Jenseitsvorstellungen
Die Brandgräber ohne Urnen, dafür aber mit den Resten der Scheiterhaufen, halten die Archäologen für jünger. Sie dürften in den Jahrhunderten um Christi Geburt in den Boden gelangt sein und spiegeln wohl einen Wandel in den Jenseitsvorstellungen der damaligen Menschen wieder. Da viele dieser Gräber keine spezifischen Funde beinhalten, können sie erst durch naturwissenschaftliche Untersuchungen von 14C-Laboren zeitlich eingeordnet werden.
Vergleiche zu anderen Fundplätzen
Der nun in Teilen ausgegrabene Bestattungsplatz ist offenbar nur ein kleiner Teil einer weitaus größeren Sakrallandschaft. Bereits in den 1980er Jahren hatten die LWL-Archäolog:innen nur wenige hundert Meter weiter nordwestlich ein umfangreiches Gräberfeld mit mehreren hundert Bestattungen ausgegraben.
Ausgangspunkt dieser "Begräbnisareale" sind zumeist in der Bronzezeit angelegte Grabhügel, in deren Nähe die Menschen zu späterer Zeit immer wieder ihre Angehörigen bestatteten. Einen Grabhügel fanden die Fachleute bei den aktuellen Untersuchungen jedoch nicht. Sie gehen allerdings von einem Grabhügel in der Nähe aus. Das zeigen vergleichbare Plätze in Minden Päpinghausen und Petershagen Windheim, die verschiedene Grabungsteams in den vergangenen Jahren untersucht haben.
Urnenbestattung nach Anlage des Baggerplanums. Oftmals sind aufgrund des tiefgreifenden Ackerbaus und des notwendigen Bodenabtrags durch den Bagger nur noch Teile der Gefäße erhalten, was ihre zeitliche Ansprache deutlich erschwert.
Foto: LWL/S. Düvel
Moderne Technik im Einsatz: 3D-Fotomodell einer der rund 3.000 Jahre alten Urnen während der Ausgrabung.
Fotomodell: Denkmal 3D/G. Carver
Pressekontakt
Frank Tafertshofer, Tel.: 0251 591-235 und Dr. Julia Großekathöfer, Tel.: 0251 591-8907
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