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12.05.25 | Der LWL Hoch hinaus im Lüntener Wald - für den Klimaschutz

LWL und Uni Münster starten weltweit einzigartiges Forschungsprojekt

Schauen sich den neuen Messturm im Lüntener Wald an - zunächst von unten (v.l.) Museumsdirektor Dr. Jan Ole Kriegs, Matthias Gundler (LWL-BLB), Prof. Dr. Mana Gharun (Uni Münster), Dr. Georg Lunemann (LWL-Direktor), und Landrat Dr. Kai Zwicker (Kreis Borken).<br>Foto: LWL/Steinweg

Schauen sich den neuen Messturm im Lüntener Wald an - zunächst von unten (v.l.) Museumsdirektor Dr. Jan Ole Kriegs, Matthias Gundler (LWL-BLB), Prof. Dr. Mana Gharun (Uni Münster), Dr. Georg Lunemann (LWL-Direktor), und Landrat Dr. Kai Zwicker (Kreis Borken).
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Münster/Kreis Borken (lwl). Einen Turm für die Zukunft hat der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) nun in Zusammenarbeit mit der Universität Münster gebaut. Der Direktor des LWL, Dr. Georg Lunemann, schaute sich nun das Ergebnis der Baumaßnahme im Lüntener Wald im Kreis Borken an. Gemeinsam mit Landrat Dr. Kai Zwicker sowie dem Betriebsleiter des LWL-Bau- und Liegenschaftsbetriebes, Matthias Gundler, und den Projektpartnern wie dem Direktor des LWL-Museums für Naturkunde, Dr. Jan Ole Kriegs, und Prof. Dr. Mana Gharun von der Universität Münster, wurde der neue Turm besichtigt. Dabei ging es in Höhen oberhalb der Baumkronen von rund 30 Metern.

Der Messturm ist neuer Mittelpunkt eines weltweiten einzigartigen Forschungsprojekts im LWL-Klima- und Biodiversitätsgebiet Forstgut Ammeloe. Er dient dem Ziel, die klimatische Wirkung von Wiedervernässungsmaßnahmen in einem bisher stark entwässerten Waldgebiet präzise über mehrere Jahre zu messen und langfristig zu bewerten, ehe er wieder zurückgebaut werden soll.

Der sogenannte "Eddy-Kovarianz-Turm" wurde in einem abgelegenen Bereich des rund 100 Hektar großen Lüntener Waldes direkt hinter der Forschungsfläche errichtet. Der Standort liegt im Kreis Borken in einem sensiblen Naturschutzgebiet, das sich durch eiszeitliche Sanddünen, feuchte Heideflächen und moorige Senken auszeichnet.

"Die Wiedervernässung dieses Waldgebiets ist ein zentraler Bestandteil des LWL-Projektes 'Klima- und Biodiversitätsgebiet Ammeloe', das als Modell für einen kommunalen Wald der Zukunft dient. Der überwiegend aus entwässertem Kiefernforst bestehende Lüntener Wald soll schrittweise in einen naturnahen Moorwald mit hoher Artenvielfalt und ökologischer Funktion zurückgeführt werden", so der Direktor des LWL, Dr. Georg Lunemann. "Wir haben hier ein europaweit einmaliges Modellprojekt für naturnahen Waldbau unter kommunaler Verantwortung. Der neue Messturm ist ein technisches Schlüsselinstrument, um den ökologischen Nutzen sowie die Klimaschutzwirkung solcher Maßnahmen verlässlich und transparent zu belegen."

Durch verschiedene Maßnahmen im Wald und Naturschutzgebiet soll unter anderem der Grundwasserstand dauerhaft um rund 40 Zentimeter angehoben werden. Dadurch erhoffen sich der LWL und die Wissenschaftler:innen vom LWL-Museum und der Universität, Feuchtlebensräume wie Moorbirkenbruchwälder und Heideweiher wiederherzustellen.

"Wenn die Instrumente im neuen Messturm aktiviert werden, sollen sie in Echtzeit exakte Daten zur Treibhausgasbilanz des Waldes liefern. Mit hochsensiblen Sensoren werden 10 Mal pro Sekunde Kohlenstoffdioxid (COâ¿¿), Methan (CHâ¿¿), Wasserdampf und andere klimarelevante Variablen erfasst", erklärt Landrat Dr. Zwicker, dessen Verwaltung im Kreis Borken den Turm erlaubt hat.

Das Eddy-Kovarianz-Verfahren ermöglicht es, den Gasaustausch zwischen Wald und Atmosphäre präzise und kontinuierlich zu erfassen. Damit kann tagesscharf bestimmt werden, ob der zukünftige Moorbruchwald als Kohlenstoffsenke wirkt. Diese Messqualität ist weltweit führend.

Prof. Gharun: "Ergänzt wird die Messinfrastruktur durch Geräte zur Aufzeichnung von Windgeschwindigkeit, Luftfeuchtigkeit, Strahlung und Niederschlag. So kann detailliert nachvollzogen werden, ob das Ökosystem aktuell Kohlenstoff bindet oder freisetzt. Zusätzlich werden wir entscheidende Bodenparameter wie Temperatur, Feuchtigkeit und den Wärmefluss kontinuierlich erfassen, um besser zu verstehen, wie Umweltveränderungen den Gasaustausch zwischen Wald und Atmosphäre beeinflussen. Dies ist eine Frage, die besonders bei entwässerten Moorböden von zentraler Bedeutung ist."

Das Projekt und seine Klimabeobachtungen seien auch aus wissenschaftlicher Sicht einzigartig, so Gharun. Weltweit gebe es keine vergleichbaren Fälle, in denen Treibhausgase im Moorwald sowohl vor und nach der Wiedervernässung gemessen werden. "Häufig beginnen die Messungen erst nach der Umsetzung der Wiedervernässung, so dass keine Basisdaten für einen Vergleich vorliegen. Der Grund dafür liegt in der komplexen Koordination, die ein solches System über mehrere Sektoren hinweg erfordert. In diesem Fall arbeiteten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Münster, des LWL und der Kommune Hand in Hand und pflegen eine enge Zusammenarbeit, die dieses weltweit einmalige wissenschaftliche Experiment erst möglich machte", betont die Professorin.

Museumsdirektor Dr. Kriegs ergänzt: "Wir messen mit dem Turm nicht nur atmosphärische Gase, sondern auch die Wirksamkeit des gesamten Projekts. Diese Daten geben uns einen detaillierten Einblick in die ökologischen Prozesse eines wiedervernässten Waldes - ein Wissen, das für künftige Renaturierungsprojekte unverzichtbar ist."

"Vor fast 130 Jahren wandelte der damalige Provinzialverband hier ein Moor zur bewirtschafteten Forstfläche um. Was wir hier in unserem Lüntener Wald nach der Wiedervernässung erforschen werden, hat eine neue globale Relevanz. Der Klimawandel kennt keine Grenzen - umso wichtiger ist es, mit diesem Leuchtturmprojekt lokal wissenschaftlich fundierte Lösungen zu entwickeln, die auf andere trockengelegte Moore übertragbar sind. Daher ist dies neben unseren vielen nachhaltigen Baumaßnahmen ein besonders wichtiges Projekt für den LWL-Bau- und Liegenschafstbetrieb zu einer deutlichen Verringerung des CO2-Ausstoßes beim LWL", so Betriebsleiter Gundler.

Hintergrund

Die wissenschaftliche Begleitung der Maßnahme übernimmt das LWL-Museum für Naturkunde in Zusammenarbeit mit dem Institut für Landschaftsökologie der Universität Münster sowie der Forschungsgruppe vom Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung und angewandte Ökologie. Die Forschungsergebnisse fließen nicht nur in die ökologische Erfolgskontrolle der Maßnahme ein, sondern auch in internationale Fachpublikationen. Der Turm dient dabei als zentrales Instrument zur Überprüfung und Dokumentation der COâ¿¿-Speicherfähigkeit des renaturierten Waldes - und als Leuchtturmprojekt für wissenschaftsbasierte Klimaschutzstrategien im kommunalen Raum.

Schauen sich den neuen Messturm im Lüntener Wald an - diesmal auch von oben (v.l.): Matthias Gundler (LWL-BLB), Dr. Georg Lunemannn LWL-Direktor), Prof. Dr. Mana Gharun (Uni Münster), Landrat Dr. Kai Zwicker (Kreis Borken) und Museumsdirektor Dr. Jan Ole Kriegs.<br>Foto: LWL/Steinweg

Schauen sich den neuen Messturm im Lüntener Wald an - diesmal auch von oben (v.l.): Matthias Gundler (LWL-BLB), Dr. Georg Lunemannn LWL-Direktor), Prof. Dr. Mana Gharun (Uni Münster), Landrat Dr. Kai Zwicker (Kreis Borken) und Museumsdirektor Dr. Jan Ole Kriegs.
Foto: LWL/Steinweg

Pressekontakt

Bianca Fialla, LWL-Museum für Naturkunde, Tel.: 0251 591-6066, bianca.fialla@lwl.org, und Thorsten Fechtner, LWL-Pressestelle, Tel.: 0251 591 235, presse@lwl.org

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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit mehr als 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 20 Krankenhäuser, 18 Museen, zwei Besucherzentren und ist einer der größten Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.

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