25.02.25 | Kultur Auf den Spuren des verlorenen Mindener Stadtbildes
Kea Schlüter und Marius Grütter reinigen die Bruchstücke der Renaissancefassade.
Foto: LWL-AfW/J. Großekathöfer
LWL-Archäologe Dr. Sven Spiong geht davon aus, dass alle neun Ornamentsteine von derselben Fassade stammen: "Die charakteristischen Verzierungen - wie Beschlagwerk, kannelierte Säulen, Blattornamentik und die beiden Königsportraits jeweils in einer bekränzten Kartusche - passen stilistisch gut zusammen und datieren einheitlich ins späte 16. Jahrhundert."
Der gelblichgraue Sandstein ist von bester Qualität. Es stammt von den etwa 20 Kilometer östlich liegenden Bückebergen und war als Obernkirchener Sandstein seit dem Mittelalter ein begehrter Exportschlager der Mindener Region. Insbesondere in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts florierte der Handel entlang der Weser. Die waldreichen Gebiete beiderseits der Oberweser lieferten das dringend benötigte Holz für den Schiffsbau, das über Bremen an die aufstrebenden Seemächte gelangte. Auch die Glasindustrie im Solling und im östlichen Westfalen lieferte wichtige Waren.
Durch diesen Handel erlebte die Region einen enormen Aufschwung. Damals entwickelte sich die sogenannte Weserrenaissance mit ihrer eigenen Ausprägung, insbesondere in der Architektur. Bei den Bürgerhäusern hatten die reich ornamentierten Fassaden auch die Funktion ähnlich einer Visitenkarte. Die erfolgreichen Händler zeigten damit stolz ihren Wohlstand und prägten mit ihren prunkvollen Häusern zugleich das damalige Stadtbild, so auch in Minden.
Die neu entdeckten Fassadenbruchstücke sind nun Zeugnisse eines im Zweiten Weltkrieg teilweise verlorenen Stadtbildes. Um den Mindener Bürgern einen Teil dieses Verlustes zurückzugeben, werden die Bruchstücke demnächst am Fundort in der Bäckerstraße 36 ausgestellt.
LWL-Einrichtung:
LWL-Archäologie für Westfalen
Außenstelle Bielefeld
Am Stadtholz 24 a
33609 Bielefeld
Da bei der Reinigung der Bruchstücke auch Reste einer ursprünglichen Farbfassung entdeckt wurden, war größte Sorgfalt angebracht - wie auch hier bei einem Königsportrait in einer Kranzkartusche.
Foto: LWL-AfW/J. Großekathöfer
Bei einer Fensterteilungssäule ist neben der mit Blattwerk reich verzierten Schauseite seitlich auch eine Rille für die Bleifassung des Fensterglases erkennbar.
Foto: LWL-AfW/J. Großekathöfer
Direkt nach der Bergung ließ sich die hohe Qualität der Steinmetzarbeit auch an diesem Königsportrait erkennen.
Foto: LWL-AfW/S. Spiong
Die Verzierung mit dem sogenannten Beschlagwerk ist typisch für das späte 16. Jahrhundert.
Foto: LWL-AfW/S. Spiong
Pressekontakt
Dr. Julia Großekathöfer, LWL-Archäologie für Westfalen, Telefon: 0251 591- 8946
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