30.01.25 | Psychiatrie Wie Bewegung im Alter Stürze verhindern kann
Postverein Gütersloh zu Besuch im LWL-Klinikum
Gesundheits- und Krankenpflegerin Lisa Damian zeigt den Mitgliedern der Sportgruppe Übungen, die gezielt dazu beitragen das Sturzrisikio zu verringern.
Foto: LWL / Sallermann
Gütersloh (lwl). Es ist Dienstagabend und die Sporthalle in Pavenstädt bleibt ungewohnt leer. Statt bei Gymnastikübungen und anschließend auf dem Volleyballfeld treffen sich die Herren der "Dienstagssportgruppe" des Postvereins Gütersloh an diesem Abend im Klinikum Gütersloh des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). Gemeinsam wollen sie herausfinden, wie Bewegung im Alter helfen kann, Mobilität zu fördern und Sturzangst zu reduzieren.
Das Thema trifft für die aktiven Senior:innen ins Schwarze, denn Mobilität und Sicherheit im Alter sind für die Teilnehmenden von zentralem Interesse. Gleichzeitig stellen diese Themen einen der Arbeitsschwerpunkte der Geriatrischen Tagesklinik des LWL-Klinikums an der Buxelstraße dar. Hier kommen Patient:innen aus dem Kreis Gütersloh zusammen, die mit den speziellen pflegerischen aktivierend-therapeutischen Maßnahmen wieder an die gewohnte Lebensqualität und Selbstständigkeit herangeführt werden, die beispielsweise vor einem Sturzereignis oder einem Knochenbruch vorgeherrscht hat. So wird durch die Arbeit in der Geriatrie Lebensqualität zurückgewonnen und die Selbstständigkeit gesichert.
"Das Risiko zu stürzen und die damit verbundene Angst kennen alle, die älter werden", erklärt Werner Veldboer, langjähriges Mitglied der Sportgruppe und Vater von LWL-Mitarbeiterin Katja Veldboer. Sie weiß: "Ein ganz wichtiger Bestandteil der Therapie in der Geriatrischen Tagesklinik ist das Kraft- und Balancetraining, um Sicherheit in der Mobilität zu erreichen". Seit einigen Wochen wird deswegen ein neu konzipiertes Training nach dem "Ulmer Modell" zur Reduktion von Sturzangst unter anderem durch Gesundheits- und Krankenpflegerin Lisa Damian angeboten. Und das kann die "Dienstagssportgruppe" direkt ausprobieren.
"Das Modell wurde speziell für ältere Menschen entwickelt und hat nachweislich die Sturzrate in Pflegeeinrichtungen um bis zu 40 Prozent reduziert", berichtet Katja Veldboer, Advanced Practice Nurse (APN) im LWL-Klinikum, die das Konzept im Rahmen ihrer Masterarbeit entwickelt hat. Das Programm kombiniert gezielte Übungen für Muskelkraft mit Koordinations- und Gleichgewichtstraining. "Zwei Faktoren, die entscheidend sind, um stabil und sicher durch den Alltag zu kommen", führt Veldboer aus.
"Durch die Übungen wird die Muskulatur gezielt für Alltagsaktivitäten gestärkt", erklärt Lisa Damian. So geht es um Themen wie sicheres Treppensteigen oder Gleichgewichthalten beim Staubsaugen. Mit dem Stehen auf einem Bein wird die Balance trainiert oder durch kleine Hanteln und Gewichten an den Fußgelenken gezielt auf Muskelaufbau gesetzt. Auch laufen die Teilnehmenden in ihrem persönlichen Tempo die Form einer Acht nach, "das trainiert Koordination und Balance-Gefühl gleichzeitig", erklärt Damian.
Das Training kommt nicht nur bei den Patient:innen in der Geriatrischen Tagesklinik gut an, sondern auch bei den Senior:innen der "Dienstagssportgruppe" des Postvereins Gütersloh. Der Besuch endet mit einer Runde Dehn- und Entspannungsübungen sowie einer offenen Gesprächsrunde. Die Teilnehmenden freuen sich über die neuen Erkenntnisse und Trainingsmethoden, die sie allesamt auch zu Hause nun regelmäßig durchführen können. Besonders erfreut zeigt sich die Gruppe über die Erkenntnis, wie viel man tun kann, um im Alter aktiv zu bleiben und auch weiterhin seinen Alltag selbstständig bewältigen zu können.
Stichwort: Stürze im Alter
Das Thema Sturzprävention spielt in der Geriatrischen Tagesklinik des LWL-Klinikums Gütersloh eine zentrale Rolle. "Stürze im Alter sind keine Seltenheit - ein Drittel der über 65-Jährigen stürzt mindestens einmal pro Jahr. Das hat oft nicht nur körperliche Folgen, sondern führt auch zu einer ausgeprägten Angst, erneut zu stürzen", erklärt LWL-Mitarbeiterin Katja Veldboer. Diese Sturzangst könne wiederum dazu führen, dass sich Menschen immer weniger bewegen, unsicherer werden und sich zurückziehen. "Dadurch wiederrum steigt die Sturzgefahr bei alltäglich notwendigen Handlungen wie dem Toilettengang oder der Essenszubereitung. Sturzangsterkennung und -behandlung sind in der geriatrischen Pflege von größter Bedeutung", weiß Katja Veldboer.
Stichwort: Geriatrische Tagesklinik am LWL-Klinikum Gütersloh
Krankheiten oder Verletzungen haben im Alter oft erhebliche Auswirkungen auf Mobilität und Selbstbestimmung eines Menschen. Mit speziellen aktivierend-therapeutischen Maßnahmen kann die geriatrische Behandlung dafür sorgen, dass Selbständigkeit und Lebensqualität wiedergewonnen werden können.
In der Tagesklinik ist eine teilstationäre Behandlung möglich, ohne dass Patient:innen dabei ihre gewohnte Lebensführung aufgeben müssen. Sie wohnen und schlafen weiter zu Hause und werden zugleich tagsüber in der Klinik hochqualifiziert versorgt. Für die therapeutischen Maßnahmen stehen in der Geriatrischen Tagesklinik großzügige Räumlichkeiten und ein multiprofessionelles Team aus Pflegefachkräften, ärztlichem Personal, Logopäd:innen, Ergo- und Physiotherapeut:innen sowie Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern zur Verfügung. Unter anderem in einer Trainingsküche und in behindertengerecht ausgestatteten Bädern können die älteren Menschen Alltagsaktivitäten sicher üben. Der Verbleib in der häuslichen Umgebung fördert das Umsetzen des Erlernten in die alltägliche, häusliche Routine. Gleichzeitig ist tagsüber die medizinische, pflegerische und therapeutische Behandlung gewährleistet.
Die Behandlung in der Geriatrischen Tagesklinik richtet sich insbesondere an Patient:innen mit Gang- und Mobilitätsstörungen, nach Sturzereignissen oder sturzbedingten Verletzungen sowie an Personen mit Erkrankungen wie Hypertonie, Diabetes mellitus oder Mangelernährung.
Stichwort: Advanced Practice Nurses (APN)
In Deutschland gewinnt die Rolle der Advanced Practice Nurses (APN) im Gesundheitswesen stetig an Bedeutung, insbesondere in spezialisierten Einsatzbereichen wie der Geriatrie. Dort, wo die Pflege von älteren Menschen eine hochkomplexe Herausforderung darstellt, spielen APNs eine wichtige Rolle bei der Verbesserung der Gesundheitsversorgung und der Lebensqualität dieser Patientengruppe. Der Einsatz von APNs in diesem Bereich kann bei Patient:innen mit altersbedingten Komorbiditäten (eine oder mehrere Störungen oder Erkrankungen, die zu einer Grunderkrankung hinzukommen) das Risiko für das Auftreten von geriatrietypischen Komplikationen wie Delirien, Sturzereignissen oder Harnwegsinfekten während des Krankenhausaufenthaltes reduzieren und so zu einer kürzeren stationären Verweildauer beitragen.
Im Gütersloher LWL-Klinikum gibt es insgesamt fünf Kolleg:innen, die als APN ihre Expertise neben der Geriatrie unter anderem auch in den Bereichen der Gerontopsychiatrie, der Stationsäquivalenten Behandlung oder im integrierten Maßregelvollzug einbringen. Sie alle haben nach ihrer Pflegeausbildung einen Masterabschluss im entsprechenden Fachbereich erworben und bringen nun ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse in die tägliche pflegerische Arbeit ein, um modernste Methoden und Vorgehensweisen zu etablieren.
Gesundheits- und Krankenpflegerin Lisa Damian zeigt den Mitgliedern der Sportgruppe Übungen, die gezielt dazu beitragen das Sturzrisikio zu verringern.
Foto: LWL / Sallermann
Katja Veldboer verteilt kleine Hanteln, die in das Training eingebunden werden können. Sie hat das Training im Rahmen ihrer Masterarbeit konzipiert.
Foto: LWL / Sallermann
Kleine Hanteln, große Wirkung: Gewichte, etwa für die Hände oder die Fußgelenke, sind Teil des Trainings in der Geriatrischen Tagesklinik am LWL-Klinikum Gütersloh.
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Pressekontakt
Anna Brockmeyer, LWL-Klinikum Gütersloh, Telefon 0151-21845693, annacelina.brockmeyer@lwl.org und Christian Dresmann, LWL-Klinikum Gütersloh, Telefon 0173-6256489, christian.dresmann@lwl.org und Thorsten Fechtner, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
Der LWL im Überblick
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit mehr als 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 20 Krankenhäuser, 18 Museen, zwei Besucherzentren und ist einer der größten Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
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