19.09.24 | Psychiatrie "Eine Alzheimer-Diagnose ist oft ein Schock"
Chefarzt Uwe Johansson klärt anlässlich des Welt-Alzheimertags über die Krankheit auf
Uwe Johansson, Chefarzt der Gerontopsychiatrie an der LWL-Klinik Dortmund, klärt im Interview über Alzheimer auf.
Bild: LWL
Dortmund (lwl). Was ist der Unterschied zwischen Alzheimer und Demenz? Bei welchen Symptomen sollte man lieber einen Arzt aufsuchen? Was kann man selbst tun, um der Krankheit entgegenzuwirken? Uwe Johansson, Chefarzt der Gerontopsychiatrie an der Klinik Dortmund des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), nutzt die Gelegenheit des Welt-Alzheimertags, der jährlich am 21. September begangen wird, um im Interview über die Krankheit aufzuklären.
Frage: Was ist der Unterschied zwischen Alzheimer und Demenz?
Uwe Johansson: "Demenz ist der Oberbegriff für verschiedene Krankheitsbilder, die zu einem fortschreitenden Verlust kognitiver Fähigkeiten wie Gedächtnis, Denkvermögen und Orientierung führen. Alzheimer ist die häufigste Form der Demenz. Etwa 60 bis 80 Prozent aller Demenzen entstehen durch die Alzheimererkrankung. Während Demenz also das übergeordnete Symptom beschreibt, ist Alzheimer eine spezifische Erkrankung, die durch Eiweißablagerungen im Gehirn (Plaques) und den Verlust von Nervenzellen gekennzeichnet ist."
Frage: Bei welchen Anzeichen sollte man einen Arzt aufsuchen?
Uwe Johansson: "Es gibt eine Vielzahl von Symptomen, die auf eine Demenz schließen lassen. Häufig finden sich hierbei auch Schnittmengen mit anderen psychiatrischen Erkrankungen, wie zum Beispiel eine Depression. Als Hinweise, ob eine Demenz vorliegt, können folgenden Symptome dienen. Die genaue Einschätzung und die klinische Einordnung sind dann die Aufgabe des Facharztes. Treten mehrere Symptome über einen Zeitraum von länger als sechs Monaten auf, so besteht der Verdacht auf ein demenzielles Syndrom:
- Gedächtnisverlust, der den Alltag beeinträchtigt
- Schwierigkeiten bei der Planung oder Problemlösung
- Probleme mit visuellen und räumlichen Beziehungen
- Sprachliche Schwierigkeiten
- Verlegen von Gegenständen und Verlust der Fähigkeit, Schritte nachzuvollziehen
- Vermindertes Urteilsvermögen
- Rückzug von sozialen und beruflichen Aktivitäten
- Veränderungen der Stimmung oder Persönlichkeit (zum Beispiel erhöhte Reizbarkeit, Angst oder Misstrauen)"
Frage: Was sind die Auswirkungen der Diagnose auf Angehörige und Betroffene?
Uwe Johansson: "Eine Alzheimer-Diagnose ist für Betroffene und ihre Angehörigen oft ein Schock. Auf der emotionalen Ebene müssen sich alle Beteiligten mit der Unausweichlichkeit der fortschreitenden Verschlechterung auseinandersetzen. Dies führt häufig zu Stress, Angst und Überforderung - besonders bei den pflegenden Angehörigen. Gleichzeitig kann die Diagnose auch Klarheit bringen und der Startschuss für eine bessere Planung und Organisation der Pflege sein."
Frage: Welche Schritte können nach einer Diagnose sinnvollerweise gegangen werden?
Uwe Johansson: "Nach der Diagnose sollte man sich umfassend über die Erkrankung informieren und professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige Therapie, sei es medikamentös oder nicht-medikamentös, kann den Verlauf der Krankheit verlangsamen. Auch sollten rechtliche Fragen wie Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten geklärt werden. Angehörige können sich durch Selbsthilfegruppen oder Beratungsangebote unterstützen lassen, um mit der Belastung besser umgehen zu können."
Frage: Welche Faktoren begünstigen Alzheimer und was kann man selbst tun, um Alzheimer zu verhindern oder das Risiko zu minimieren?
Uwe Johansson: "Es gibt eine Vielzahl von Faktoren, die das Risiko einer Alzheimer-Erkrankung erhöhen können. Einige davon sind nicht beeinflussbar, wie zum Beispiel das Alter. Allerdings gibt es auch sogenannte modifizierbare Risikofaktoren, bei denen eine Veränderung des Lebensstils oder medizinische Maßnahmen helfen können, das Risiko zu senken. Diese Faktoren sind von großer präventiver Bedeutung, da sie von uns aktiv beeinflusst werden können und das Risiko um bis zu 40 Prozent senken können. Die wichtigsten modifizierbaren Risikofaktoren sind: Bluthochdruck, Diabetes, Fettleibigkeit, körperliche Inaktivität, Rauchen, Alkoholkonsum, ungesunde Ernährung, soziale Isolation und geistige Inaktivität, unbehandelte Depression, unbehandelter Hörverlust und unbehandelte Sehschwäche."
Info zur Person:
Uwe Johansson ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Neurologie und Geriatrie und Chefarzt der Gerontopsychiatrie an der LWL-Klinik Dortmund. Seine Expertise liegt in der ganzheitlichen Versorgung älterer Menschen, bei der die Prävention und Behandlung von Demenz eine zentrale Rolle spielt. "Es ist mir wichtig, dass nicht nur die Patienten, sondern auch ihre Familien die notwendige Unterstützung und Aufklärung erhalten", betont Johannson.
Pressekontakt
Philipp Stenger, LWL-Klinik Dortmund, Telefon: 0231 4503-3855
Der LWL im Überblick
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit mehr als 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 20 Krankenhäuser, 18 Museen, zwei Besucherzentren und ist einer der größten Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
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