Transkript anzeigen Abspielen Pausieren

29.01.24 | Kultur Bebauungsspuren aus der Frühzeit des mittelalterlichen Steinheim entdeckt

Archäologische Forschungen im historischen Zentrum der Stadt

Moritz Fieseler bereitet die maßstabsgetreue Fotodokumentation vor.<br>Foto: LWL-AfW/S. Spiong

Moritz Fieseler bereitet die maßstabsgetreue Fotodokumentation vor.
Foto: LWL-AfW/S. Spiong
Nutzungsrechte und Download Zu weiteren Bildern

Steinheim (lwl). Seit Mitte Januar erforscht ein Ausgrabungsteam, fachlich begleitet vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), ein Areal im historischen Zentrum von Steinheim (Kreis Höxter). Nur 70 Meter westlich der Kirche St. Marien, an deren Stelle bereits im 9. Und 10. Jahrhundert eine erste steinerne Saalkirche stand, konnten die Fachleute nun Überreste einer städtischen Bebauung untersuchen, die bis ins Mittelalter zurückreichen. Die Expert:innen schätzen die Ergebnisse als "wertvolle Quellen für die Stadtgeschichte" ein.

"Anlass für die Grabung in der Marktstraße 7 bis 13 war ein für Steinheim bedeutsames Mehrgenerationenprojekt, das als Teil des sogenannten Integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzeptes derzeit mit beträchtlicher finanzieller Unterstützung durch das Land NRW umgesetzt wird," so Eberhard Fischer, Leiter der Unteren Denkmalbehörde, der den Umgang mit dem dort vermuteten Bodendenkmal frühzeitig mit der LWL-Archäologie für Westfalen abgestimmt hatte.

Das Areal liegt im historischen Zentrum von Steinheim. Der Ort wurde 1275 zur Stadt erhoben. Ab dieser Zeit war eine dichte städtische Bebauung innerhalb der neu errichteten Stadtmauer zu erwarten. Dies gilt insbesondere auf dem betreffenden Grundstück in unmittelbarer Nähe zum Markt und zum Rathaus.

Obwohl bereits auf dem vorderen Grundstücksteil zum Markt seit den 1960er Jahren durchgängig tiefreichende Keller errichtet wurden, bot der rückwärtige Bereich des Hauses Marktstraße 11 dem Grabungsteam unter Leitung der Archäologin Marianne Moser Überraschungen: Beim Wegbaggern der oberen Schuttschichten zeigten sich gut erhaltene Bruchsteinmauern. Nachdem die Ausgräber:innen die Mauern freigelegt hatten, entstand das deutliche Bild von Grundmauern eines Fachwerkhauses. Anhand der Keramik können die ältesten Bebauungsspuren bis ins 13. und 14. Jahrhundert und damit in die Frühzeit der mittelalterlichen Stadt zurückverfolgt werden.

Die nun freigelegten, Fundamente boten eine gute Grundlage für ein 10,40 Meter breites und mindestens 4,65 Meter langes Fachwerkhaus. Der komplett erfasste hintere Gebäudeteil ist vollständig unterkellert. Das gesamte Gebäude gehörte zuletzt zum ehemals weit in Richtung Petersilienplatz reichenden landwirtschaftlichen Anwesen "Lödige".

Das Grabungsteam wies zwei Kellerräume nach, die Mauern aus mit Lehm verfugten Bruchsteinen besaßen. Deutlich ist eine Zwischenmauer zu sehen, die nachträglich versetzt wurde und von Umbauten zeugt. "Diese Baumaßnahmen belegen die Nachhaltigkeit, weil die Bürger, welche die Keller mehrfach umgestalteten, bis zum Abriss des Fachwerkhauses in den 1960er Jahren in immer wieder veränderter Form nutzten", erklärt Ausgrabungsleiterin Moser. "Auch ein im Hof liegender Brunnen mit einem Kranz aus Bruchsteinen wurde erst im 20. Jahrhundert verfüllt", so Moser weiter.

Auch wenn die Grabung noch nicht abgeschlossen ist und die Funde noch auf ihre Auswertung warten, werde schon jetzt deutlich, dass die im Boden verbliebenen Überreste wertvolle Quellen für die Stadtgeschichte darstellen. Teilweise warteten sie Jahrhunderte auf ihre Entdeckung. "Noch sind viele Fragen zum Werden der mittelalterlichen Stadt Steinheim gerade für die Frühzeit ungeklärt. Hier bietet die Archäologie die Möglichkeit, die Aussagen aus den spärlichen erhaltenen Schriftquellen zu ergänzen," erläutert Dr. Sven Spiong, Leiter der Bielefelder LWL-Archäologie für Westfalen, der die Grabung fachlich begleitet. Hier habe sich das vermutete Bodendenkmal auf einem zentral gelegenen Grundstück in der historischen Innenstadt wieder einmal eindrücklich bestätigt.


LWL-Archäologie für Westfalen
Außenstelle Bielefeld
Am Stadtholz 24a
33609 Bielefeld

Grabungstechniker Udo Granzin legt den Brunnen im Hinterhof frei.<br>Foto: LWL-AfW/S. Spiong

Grabungstechniker Udo Granzin legt den Brunnen im Hinterhof frei.
Foto: LWL-AfW/S. Spiong

Die sorgfältig freigelegten Mauern werden genau beschrieben und eingemessen.<br>Foto: LWL-AfW/S. Spiong

Die sorgfältig freigelegten Mauern werden genau beschrieben und eingemessen.
Foto: LWL-AfW/S. Spiong

Grabungsleiterin Marianne Moser präsentiert einen tragbaren Kerzenleuchter.<br>Foto: LWL-AfW/S. Spiong

Grabungsleiterin Marianne Moser präsentiert einen tragbaren Kerzenleuchter.
Foto: LWL-AfW/S. Spiong

Ausgrabung im Januar: Auch die winterlichen Witterungsverhältnisse halten das Grabungsteam nicht von seiner Erforschung des mittelalterlichen Steinheims ab.<br>LWL-AfW/S. Spiong

Ausgrabung im Januar: Auch die winterlichen Witterungsverhältnisse halten das Grabungsteam nicht von seiner Erforschung des mittelalterlichen Steinheims ab.
LWL-AfW/S. Spiong

Pressekontakt

Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Julia Großekathöfer, LWL-Archäologie für Westfalen, Telefon: 0251 591-8946

presse@lwl.org

LWL-Archäologie für Westfalen

Zentrale
An den Speichern 7
48147 Münster Karte und Routenplaner

Der LWL im Überblick

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit mehr als 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 20 Krankenhäuser, 18 Museen, zwei Besucherzentren und ist einer der größten Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.

Zu allen Pressemitteilungen des LWL Zu allen Pressemitteilungen dieser LWL-Einrichtung