15.10.20 | Kultur Spurensuche rund um St. Margareta
Archäologen begleiteten die Umbauarbeiten von Kirchplatz und Pfarrgarten in Neuenkirchen
Auf dem südlichen Kirchplatz zeichnen sich im hellen Sand dunkle, rechteckige bis ovale Flächen. Sie sind die Spuren der ältesten Gräber, die auf diesem Kirchhof ca. im 13. Jahrhundert angelegt wurden.
Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/J. Hallenkamp-Lumpe
Gestörte Ruhe
Bereits in den 1970er Jahren waren bei der Neugestaltung des Kirchplatzes, die tief in den Boden eingriff, zahlreiche noch intakte Gräber zerstört worden. Denn während der aktuellen Ausgrabung konnten die Experten beobachten, dass der Oberboden von den zurückliegenden Eingriffen stark zerwühlt war. Der Boden enthielt noch zahlreiche menschliche Gebeine, die sich nicht mehr in ihrer natürlichen Lage befanden. Eine große Menge Knochen lagerte zudem in zwei großen Sammelgruben. In den oberen Bereichen der Fläche konnten die Archäologinnen nur noch geringe Überreste zusammenhängender Bestattungen dokumentieren. Die vielen vereinzelten Knochen wurden jedoch für eine spätere Wiederbestattung sorgfältig gesammelt.
Die meisten Gebeine fanden die Wissenschaftler auf der Südseite der Kirche, aber auch im Osten und Norden traten noch etliche Reste von Gräbern zutage. Während die oberen Bodenbereiche stark gestört waren, konnte auf der Südseite der Kirche noch die unterste Gräberlage intakt im Sandboden erfasst werden. Sie zeichnete sich als dunkle Verfärbung im Sandboden ab und wurde nicht weiter ausgegraben, weil die erforderliche Bautiefe bereits erreicht worden war. "Als zu St. Margareta gehörige Befunde bleiben diese Gräber als ortsfestes Bodendenkmal so erhalten, wie man sie vor hunderten von Jahren angelegt hat", erklärt LWL-Archäologin Dr. Julia Hallenkamp-Lumpe von der Außenstelle der LWL-Archäologie in Bielefeld.
Pietätvoller Umgang
2020 wurden die Baumaßnahmen im Pfarrgarten fortgesetzt und der Dorfgraben offengelegt. Die nachfolgenden Untersuchungen erbrachten keine weiteren Gräber oder Hinweise auf mittelalterliche Befunde im direkten Umfeld der Kirche, jedoch einen bisher unbekannten, flachen Graben, dessen Aufgabe über Keramikfunde in das 18. Jahrhundert datiert werden kann. Weitere Funde waren Überreste von Bauteilen der Kirche aus dem 19. Jahrhundert, die nach einer Umbaumaßnahme in einem Erdhügel im Pfarrgarten erhalten geblieben sind. "Möglicherweise können diese baulichen Relikte bei der Neugestaltung des Umfeldes oder der Grablege für die Wiederbestattungen neue Verwendung finden", sagt Andreas Sunder, Bürgermeister der Stadt Rietberg.
Nachdem die archäologischen Maßnahmen abgeschlossen sind, sollen die menschlichen Gebeine vom Kirchhof nun wieder beigesetzt werden. Unabhängig davon, aus welcher Zeit menschliche Knochen stammen, ist es den Archäologen wichtig, diese stets mit Respekt zu behandeln. Bei Gebeinen von christlichen Friedhöfen kommt es nach Abschluss der Untersuchungen daher und durch die Initiative der mit den Grabplätzen heute noch verbundenen Gemeinden oft zu Wiederbestattungen. Diese finden dann im Rahmen einer entsprechenden Zeremonie durch die Gemeinde statt.
Für die Toten von St. Margareta planen die Gemeinde Neuenkirchen und die Stadt Rietberg im Rahmen eines Gottesdienstes zu Allerheiligen am 1. November um 16 Uhr auf dem Friedhof in Neuenkirchen eine Gedenkfeier. Die Gebeine werden dann nachfolgend in einer eigens dafür hergerichteten großen Grabstätte beigesetzt und sollen einen Grabstein und eine Gedenktafel erhalten.
Auch im humosen Oberboden fanden sich noch etliche, aber zumeist stark gestörte Bestattungen. Diese Grablege war noch relativ vollständig erhalten.
Foto: Salisbury Archäologie GmbH/Liptak.
Bei der Umgestaltung des Pfarrgartens wurden in einem großen Erdhaufen noch Bauteile von St. Margareta aus dem 19. Jahrhundert gefunden.
Foto: Sebastian Luke/Archäologie am Hellweg eG
Im Pfarrgarten gab sich ein von Nordwest nach Südost verlaufender Graben zu erkennen. Seine Funktion ist nicht mehr bekannt.
Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/J. Hallenkamp-Lumpe
Pressekontakt
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Sandra Görtz, Tel.: 0251 591-8946
Der LWL im Überblick
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit mehr als 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 20 Krankenhäuser, 18 Museen, zwei Besucherzentren und ist einer der größten Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
Zu allen Pressemitteilungen des LWL Zu allen Pressemitteilungen dieser LWL-Einrichtung