22.05.20 | Kultur Papierwelten
Ausstellung über Kartonmodellbau im LWL-Industriemuseum Zeche Nachtigall
Das zwei Meter lange Diorama zeigt einen Marinestützpunkt um 1911 in der chinesischen Stadt Tsingtau.
Foto: LWL/Gehrmann
LWL-Museumsleiter Michael Peters liegt das Projekt nicht nur am Herzen, weil die Objekte mit ihrem großen Detailreichtum faszinierend anzusehen sind. "Die Modelle erzählen jeweils auch ein Kapitel Architektur-, Technik- oder Kulturgeschichte", erläutert Peters. Der Ursprung des Papierhandwerks reicht ins 16. Jahrhundert zurück. Wandelnde Drucktechniken sorgten für die Verbreitung von Modellbaubögen. Auf Holz- und Kupferstich folgte die Lithografie. Das von Alois Senefelder (1771-1834) erfundene Druckverfahren mit Steinplatten ermöglichte eine kostengünstige, einfache und auflagenstarke Produktion von Papierbögen jeder Art. Bekannte Verlage wie Schreiber oder Scholz konnten auf diese Weise ein breiteres Repertoire an Bausätzen anbieten, die für die Masse bezahlbar wurden.
Viel Geschick, Geduld und Fingerspitzengefühl sind gefragt, um aus zweidimensionalen Modellbaubögen detailgetreue Kunstwerke aus Papier und Pappe zu erstellen. Unzählige Stunden sitzt auch Werner Grebenstein an seinen Stücken. Er benötigt nur wenige Werkzeuge: "Neben Papierschere und Klebstoff sind Falzbein, Klammern und Nadeln zum Fixieren hilfreich. Ich benutze aber am häufigsten das klassische Cutter-Messer", erzählt der passionierte "Kartonist". Im Urlaub im Harz hat er bei einem Spaziergang ein heruntergekommenes Haus entdeckt, es fotografiert und daraus einen eigenen Bogen konstruiert. Das fertige Modell gehört jetzt zu den Schmuckstücken der Ausstellung in Witten.
Die Ausstellung zeigt auch Papiertheater. Die auch als Tisch-, Zimmer- oder Haustheater bezeichneten Miniaturbühnen erlebten besonders in bürgerlichen Familien ab den 1820er Jahren eine Blütezeit. Drucktechnik, Theaterfaszination und Bildungsbeflissenheit trugen zur Verbreitung in Europa bei. Aus Figuren- und Kulissenbögen entstanden detailgetreue Kleinstbühnen, die sich an den zeitgenössischen Inszenierungen der großen Theater orientierten. Opern, Schauspiele und Märchen vermittelten Wissen und unterhielten Familien.
Eigens für die Ausstellung wurde das Modell "Schachtanlage Hercules der Zeche Vereinigte Nachtigall Tiefbau 1840" entwickelt. Besucher dürfen sich den Baubogen kostenlos mitnehmen.
Hinweise zum Museumsbesuch: Im Eingangsbereich und in allen geschlossenen Räumen ist das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes Pflicht. Das Besucherbergwerk auf Zeche Nachtigall bleibt vorerst geschlossen.
Papierwelten
Kartonmodellbau gestern und heute
17. Mai bis 3. Oktober 2020
LWL-Industriemuseum Zeche Nachtigall,
Nachtigallstraße 35, 58452 Witten
Geöffnet Di-So 10-18 Uhr
Blick auf die Bühne eines historischen Papiertheaters.
Foto: LWL/Gehrmann
Das Modell einer Lloyd LP400 S. stammt aus den 1950er Jahren.
Foto: LWL/Gehrmann
Ein Stück Geschichte: Modell der Kathedrale von Reims.
Foto: LWL/Gehrmann
Das Kruzifix von 1529 ist als erstes Kartonmodell bekannt.
Foto: LWL/Gehrmann
Den Baubogen für das Modell "Schachtanlage Hercules der Zeche Vereinigte Nachtigall Tiefbau 1840" können Besucher kostenlos mitnehmen.
Foto: LWL/Gehrmann
Das "Haus im Harz" ist ein selbst konstruiertes Einzelstück von Werner Grebenstein.
Foto: LWL/Gehrmann
Pressekontakt
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Cindy Kramer, LWL-Industriemuseum Zeche Nachtigall, Tel. 02302 93664-20
Der LWL im Überblick
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit mehr als 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 20 Krankenhäuser, 18 Museen, zwei Besucherzentren und ist einer der größten Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
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