24.09.18 | Kultur Ältester Knochen eines Hundes in Westfalen
Eiszeit-Ausgrabungen an der Blätterhöhle gehen weiter
Die Studenten legen mit Zollstock und Millimeterpapier eine genaue Zeichnung an.
Foto: LWL/ Grabungsteam Blätterhöhle
Die Funde der diesjährigen Kampagne geben Hinweise auf die Jagdgewohnheiten der Menschen und wie sie ihre Beute verarbeiteten. So sind auf dem Vorplatz der Höhle erstmals große Knochenfragmente von erlegten Tieren gefunden worden. Die Fragmente werden zur genauen Bestimmung an die Universität Köln gegeben. "Wir sind sehr gespannt zu erfahren, um welche Tierarten es sich handelt", zeigt sich Grabungsleiter Wolfgang Heuschen M.A. neugierig. "Da sich die Umwelt und mit ihr die Tierwelt am Ende der letzten Eiszeit sehr rasch wandelte, ist es sehr spannend, welche Beute die Menschen zu dieser Zeit hier gejagt haben."
Auf den Knochenoberflächen konnten die Archäologen bei ersten Untersuchungen unter dem Mikroskop bereits Ritzungen entdecken. Der langjährige Projektleiter PDDr. Jörg Orschiedt konnte diese Spuren aufgrund ihrer Beschaffenheit als Schnittspuren identifizieren: "Die Ritzungen verlaufen charakteristisch V-förmig. Sie sind ein Beweis dafür, dass die Menschen die Tiere nach erfolgreicher Jagd an der Blätterhöhle mit Steinwerkzeugen zerlegt haben." Die Forscher haben darüber hinaus kleine Knochenfragmente gefunden. "Die Splitter weisen darauf hin, dass die Röhrenknochen aufgeschlagen wurden, um an das Knochenmark im Innern zu gelangen", erläutert Orschiedt.
Weitere Hinweise über die damalige Jagd an der Blätterhöhle erhalten die Archäologen über die freigelegten Steingeräte. Auffällig ist, dass alle Rückenspitzen, aus Feuerstein gefertigte Pfeilspitzen, entweder fragmentiert oder beschädigt sind. Die Forscher schließen darauf, dass die Jäger die beschädigten Pfeile an der Blätterhöhle erneuert und dabei die defekten Spitzen zurückgelassen haben.
Die Archäologen warten auch auf die derzeit laufenden Untersuchungen zu den Hunderesten, die 2017 gefunden worden. "Ein Schienbeinstück, dass aus den späteiszeitlichen Schichten des Vorplatzes stammt, könnte der bisher älteste Überrest eines Hundes in Westfalen sein" gibt sich Prof. Dr. Michael Baales von der LWL-Archäologie für Westfalen optimistisch. Das Stück wird aktuell in München genetisch untersucht und anschließend in Mannheim mit der sogenannten Radiokarbonmethode datiert.
Noch bis zum Ende September ist das Grabungsteam im Rahmen einer Lehrgrabung im Gelände tätig. Das Team besteht aus 20 Studierenden der Ur- und Frühgeschichte an der Ruhr-Universität Bochum. Für 2019 ist die nächste Grabungskampagne auf dem Vorplatz geplant. Da das Areal vor der Blätterhöhle jedoch für die Arbeiten zu klein wird, wird es sich um die vorerst letzte Grabung handeln. Danach werden die Archäologen die umfangreichen Grabungsdaten der vergangenen Jahre auswerten.
Hintergrund
Bereits zum vierten Mal führt die LWL-Archäologie für Westfalen, Außenstelle Olpe, mit Unterstützung der Stadt Hagen und des Arbeitskreises Kluterthöhle e.V., Grabungen vor und in der Blätterhöhle durch. Die Ausgrabungen werden von Prof. Dr. Michael Baales, dem Leiter der Außenstelle Olpe, koordiniert und von Wolfgang Heuschen M.A. vor Ort geleitet. Dabei arbeitet er eng mit dem langjährigen Forschungsleiter Dr. Jörg Orschiedt von den Reiss-Engelhorn-Museen / Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie in Mannheim zusammen. Nach den herausragenden Funden von jung- und mittelsteinzeitlichen menschlichen Überresten der vergangenen Jahre wurden die Ausgrabungen in diesem Jahr auch fortgesetzt, um noch weiter zurückreichende Erkenntnisse zu gewinnen.
Ein Student legt sorgfältig die Fundschichten frei.
Foto: LWL / Grabungsteam Blätterhöhle
Eine Klinge wird nach dem Freilegen an ihrem Fundplatz fotografisch dokumentiert.
Foto: LWL / Grabungsteam Blätterhöhle
Unter dem Mikroskop erkennen die Archäologen die V-förmige Ritzung auf einem Knochen.
Foto: LWL / Grabungsteam Blätterhöhle
Tibia-Knochen eines Hundes aus der späteiszeitlichen Grabungsschicht.
Foto: LWL / T. Poggell
Einblick in die enge Grabung auf dem Vorplatz der Blätterhöhle.
Foto: LWL / Grabungsteam Blätterhöhle
Pressekontakt
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Nils Wolpert, LWL-Archäologie für Westfalen, Telefon: 0251 591-8901
Der LWL im Überblick
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit mehr als 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 20 Krankenhäuser, 18 Museen, zwei Besucherzentren und ist einer der größten Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
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