27.04.18 | Kultur Vorbild für Horrorfilme in neuer Ausstellung
Parasitärer Pilz übernimmt die Kontrolle von Ameisengehirnen
Präparatorin Narumi Sato legt letzte Hand an ihr Modell einer vom Pilz befallenen Ameise an.
Foto: LWL/Steinweg
Narumi Sato, zoologische Präparatorin im Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), hat für die Ausstellung "Das Gehirn - Intelligenz, Bewusstsein, Gefühl" ein detailgetreues Modell einer befallenen Ameise angefertigt, das im Ausstellungsbereich "Verhaltenssteuerung" zu sehen sein wird.
Modellbau
"Die Herausforderung liegt darin, die Proportionen genau zu treffen", sagt Sato. Die Mitarbeiterin des Museums hat drei Monate an dem Modell der Ameise gearbeitet, die sich an der Unterseite eines Blattes festgebissen hat. Im Maßstab 1:50 können die Besucher der neuen Ausstellung dann sehen, wie groß und massiv der Pilz aus dem Kopf der Ameise wächst. "Gerade wenn die Tiere in der Natur nur wenige Zentimeter groß sind, kommt es in der Vergrößerung auf die Details an", erklärt Sato. So müssen etwa die Haare an den Beinen der Ameise, die man normalerweise mit dem bloßen Auge nicht sieht, einzeln angebracht und platziert werden.
Das Modell hat Sato aus Kunststoff geformt und später per Hand bemalt. Das Blatt an dem sich die Ameise festgebissen hat, ist aus Pappmaschee gefertigt. Genau dieser Biss in ein Blatt, der sogenannte Todesbiss, ist die Position, wohin der Parasit sein Opfer lenkt. "Nachdem der Pilz die Ameise und ihr Gehirn befallen hat, bringt er sie dazu, sich an der Unterseite eine Blattes festzubeißen", sagt Ausstellungsmacherin Dr. Julia Massier. Dort stirbt die Ameise schließlich und der Pilz kann einen Fruchtkörper mit reifen Sporen ausbilden. Von der erhöhten Position können die Pilzsporen nun herunterfallen, neue Ameisen infizieren und der Kreislauf beginnt von vorne.
Parasitismus
Diese Form von Parasitismus kommt in tropischen und subtropischen Gebieten vor. Fossilfunde in der Grube Messel bei Darmstadt zeigen jedoch, dass solche Pilze einst auch hier heimisch waren. "Die Funde sind 48 Millionen Jahre alt und belegen somit die älteste nachweisbare Verhaltensteuerung durch Parasiten überhaupt", erklärt die Neurobiologin Massier. Klimaveränderungen haben dann dazu geführt, dass es sie in Europa nicht mehr gibt. "Dass diese Pilze uns Menschen befallen und willenlos werden lassen, ist nicht zu befürchten", so Massier. Doch die Museumsgäste erfahren auch, dass das menschliche Verhalten ebenfalls beeinflussbar ist. "Es gibt bestimmte Darmbakterien, die das Essverhalten des Menschen nachweislich beeinflussen. Noch kein Stoff für Hollywood, aber sicher für jede Besucherin faszinierend", erklärt die Ausstellungsmacherin.
Hintergrund zur Ausstellung
Das Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Münster zeigt ab dem 29. Juni 2018 die Sonderausstellung "Das Gehirn - Intelligenz, Bewusstsein, Gefühl". Auf 1.200 Quadratmetern lernen die Museumsgäste die anatomische Vielfalt und die enormen Leistungen dieses komplexen Organs kennen. Im Gehirn werden sämtliche Reize verarbeitet. Die Persönlichkeit formt sich, Gefühle entstehen, Pläne werden geschmiedet und Traumwelten erschaffen. Im Fokus der Ausstellung stehen neben dem Menschen die künstliche Intelligenz und die Welt der Tiere. Die Ausstellung ist dank Brailleschrift, vielen Mitmachstationen, einem speziellen, mehrsprachigen Audioguide und Tastmodellen für Menschen mit Sehbehinderung genauso geeignet wie für Sehende oder für hörbehinderte Menschen. Begleitend zur Ausstellung werden museumspädagogische Programme für Kinder und Jugendliche sowie Führungen für Erwachsene angeboten.
LWL-Museum für Naturkunde
Sentruper Str. 285
48161 Münster
Weitere Infos unter http://www.das-gehirn.lwl.org oder Telefon: 0251 591 6050 (Servicezeiten: Mo-Fr 8.30-12.30 Uhr, Mo-Do 14-15.30 Uhr).
Noch unbemalt wurde das Kunststoffmodell der Ameise auf das Blatt aus Pappmasche gesetzt.
Foto: LWL/Steinweg
Bei dem handbemalten Modell wurde jedes einzelne Haar von Präparatorin Narumi Sato per Hand eingesetzt.
Foto: LWL/Steinweg
Am Modell sieht man wie der Fruchtkörper des Pilzes bereits aus Kopf der Ameise herauswächst.
Foto: LWL/Steinweg
Pressekontakt
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Bianca Fialla, LWL-Museum für Naturkunde, Telefon: 0251 591-6066
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Der LWL im Überblick
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit mehr als 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 20 Krankenhäuser, 18 Museen, zwei Besucherzentren und ist einer der größten Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
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