24.05.17 | Kultur Wanze als Neubürger in Westfalen
Vergrößertes Modell in neuer Dauerausstellung
Die Präparationstechnische Volontärin Elena Peter stellte das Modell der Amerikanischen Kiefernwanze für die neue Ausstellung "Vom Kommen und Gehen" her.
Foto: LWL/Steinweg
Insgesamt vier Monate hat die Museumspräparatorin Peter an dem Anschauungsmodell der Wanze im Maßstab 1:20 gearbeitet. "Komplett per Hand und in Eigenregie", wie sie berichtet. Zu Beginn ihrer Arbeit lag eine maßstabsgetreue Darstellung der Kiefernwanze vor - jedoch nur als Fotografie. "Unser Museumsfotograf hat mehrere Nahaufnahmen eines ca. 1,5 Zentimeter großen Tieres gemacht und die dann auf 30 Zentimeter Körperlänge vergrößert", erklärt Peter.
Der schwierigste Arbeitsschritt ergab sich anfangs, mit der Ausformung des Wanzen-Körpers aus einem quadratischen Block Polyurethan-Hartschaum: "Natürlich helfen dabei die Fotos. Ihnen fehlt es aber an der nötigen Tiefe, die das Modell letztlich braucht." Unter anderem zum Schutz dieses Rohlings wurde er anschließend mit Modellierknete (Plastilin) ummantelt. Dadurch konnten aber auch feine Details eingearbeitet und störende Partien oder Unebenheiten ausgeglichen werden. Anschließend wurde eine Silikonform davon hergestellt. In Kunstharz abgegossen, kann das Modell nun der Weiterverarbeitung und jahrelangen Verwendung im Museum standhalten.
Eineinhalb Monate verbrachte Peter anschließend mit dem Modellieren der Gliedmaßen: Beine, Fühler, Rüssel und sogar Gelenke. Diese wurden aus Stabilitätsgründen erneut in Kunstharz verfestigt "Das ist sehr kleinteilige Arbeit, wenn man alle Einzelheiten und Abmessungen beachtet", berichtet die Volontärin. Für etwas mehr Transparenz und einen natürlich wirkenden Panzer, griff sie anschließend zu Airbrush-Farbe und Pinsel. Eine ergänzende Schicht Klarlack soll helfen, die aufwendige Koloration vor Feuchtigkeit und Lichteinflüssen zu schützen.
"Unter dem Mikroskop erkennt man, dass die Härchen der Kiefernwanze verschiedenfarbig sind", so Peter. Zur realistischen Umsetzung griff sie daher auf verschiedene Materialien aus dem Tierreich zurück, die ihr die Präparationswerkstatt bot. Somit vereint das Wanzenmodell nicht nur verschiedene Kunststoffe, sondern auch natürliche Haartypen von Känguru, Wolf und Co. Die winzigen Widerhaken an den Schenkeln der Wanze reproduzierte die Präparatorin aus Rosendornen. Abschließend musste Elena Peter doch noch auf unnatürliche Weise tricksen: "Für die Krallen an den Tarsen (Füße) habe ich Gardinennadeln benutzt und für deren Krümmung angeflämmt."
Die amerikanische Kiefernwanze
Von den Rocky Mountains ins Münsterland: Was rein geografisch gegensätzlich anmutet, hat die amerikanische Kiefernwanze nicht daran gehindert, sich im Flachland Westfalens zu verbreiten. In Amerika wird sie besonders in Baumschulen gefürchtet. 2004 stießen Biologen auf das deutschlandweit erste Exemplar in Warendorf - möglichweise ein "blinder Passagier" in Pferdeboxen oder Containern aus Übersee. Als Neobiont (grie. "neues Leben", auch Neubürger genannt) gibt die in Deutschland noch als unschädlich eingestufte Wanze ein greifbares Beispiel zum Themenschwerpunkt "Artenwandel", den die neue Ausstellung des Museums in den Fokus rückt.
Hintergrund zur Ausstellung
Das LWL-Museum für Naturkunde in Münster zeigt ab dem 30. Juni 2017 die neue Dauerausstellung "Vom Kommen und Gehen - Westfälische Artenvielfalt im Wandel". Auf 320 Quadratmetern erleben Besucher auf einer Zeitreise das Kommen und Gehen von Tieren und Pflanzen. Die Belege eiszeitlicher Knochenfunde verschwundener Tierarten sind als Originale in der Ausstellung zu sehen. Besucher können die Tier- und Pflanzenwelt Westfalens entdecken und sich über aktuelle Forschungsergebnisse informieren. Die Ausstellung ist dank Brailleschrift, einem speziellem Audioguide und Tastmodellen für Menschen mit Sehbehinderung genauso geeignet wie für Sehende oder Hörbehinderte. Begleitend zur Ausstellung werden museumspädagogische Programme für Kinder und Jugendliche sowie Führungen für Erwachsene angeboten.
LWL-Museum für Naturkunde, Sentruper Str. 285, 48161 Münster. Weitere Infos unter Telefon: 0251 591 6050 (Servicezeiten: Mo-Fr 8.30-12.30 Uhr, Mo-Do 14-15.30 Uhr) sowie http://www.lwl-naturkundemuseum-muenster.de
Vom modellierten Körper wurde eine Silikonform erstellt, mit deren Hilfe letztlich der eigentliche Kunstharz-Körper gegossen werden konnte.
Foto: LWL/Peter
Das Modell der Amerikanischen Kiefernwanze wurde im Maßstab 1:20 hergestellt und zeigt einen Neubürger Westfalens.
Foto: LWL/Steinweg
Die Behaarung an den Beinen fertigte Elena Peter aus Haartypen von Känguru, Wolf und Co. an.
Foto: LWL/Steinweg
Der Körper des Tieres wurde aus einem speziellen Kunststoff gefertigt.
Foto: LWL/Steinweg
Elena Peter bei der Anfertigung des Modells der Amerikanischen Kiefernwanze.
Foto: LWL/Steinweg
Pressekontakt
Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Bianca Fialla, LWL-Museum für Naturkunde, Telefon: 0251 591-6066
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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit mehr als 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 20 Krankenhäuser, 18 Museen, zwei Besucherzentren und ist einer der größten Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
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