Transkript anzeigen Abspielen Pausieren

06.05.16 | Kultur Vom Lederschuh bis zum Glaskelch:

Neue Heimat für organische Funde der Archäologen

Eindrucksvolle Zeugen längst vergangener Geschichte sind diese Lederschuhe, die im Depotraum für organische Funde eine neue Heimat gefunden haben.<br>Foto: LWL/Burgemeister

Eindrucksvolle Zeugen längst vergangener Geschichte sind diese Lederschuhe, die im Depotraum für organische Funde eine neue Heimat gefunden haben.
Foto: LWL/Burgemeister
Nutzungsrechte und Download Zu weiteren Bildern

Münster (lwl). Die Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) haben in Münster ein neues Sonderdepot angelegt. Dort werden im 35 Quadratmeter großen so genannten Organikraum empfindliche organische Materialien gelagert.

Die Spielsteine aus Knochen sind so gut erhalten, dass man bequem mit ihnen einen Partie Mühle spielen könnte ¿ wie im Hochmittelalter, als sie entstanden. Die Lederschuhe scheint das Kleinkind gerade erst ausgezogen zu haben, dabei wurden sie zuletzt vor rund 600 Jahren getragen. Den Angelhaken aus Knochen warf ein Angler in der Steinzeit nach Fischen aus, und mit den Perlen aus Glas oder Bernstein schmückten sich Germanen, während die Römer durch Westfalen marschierten.

Die Reste von Stoffen, die hier unter Schutzglas in den speziell ausgepolsterten Schubladen aufbewahrt werden, haben Menschen vor vielen Generationen direkt auf dem Leib getragen.¿ Was hier gelagert wird, ist empfindlich und kann bei zu trockener Luft, zu großer Hitze, direkter Sonneneinstrahlung oder anderen äußeren Einwirkungen schneller vergehen, als es sich der Laie vorstellen kann¿, erläutert Archivleiterin Dr. Birgit Mecke. Denn es handelt sich durchweg um Funde, die bei Ausgrabungen im Boden entdeckt wurden. Die Erde hat den Materialien bereits stark zugesetzt. Deshalb ist moderne Elektronik und Klimasteuerung gefragt.

Eine konstante relative Luftfeuchte zwischen 50 und 60 Prozent wird durch einen Dampf-Luftbefeuchter über eine integrierte Steuerung erreicht und durch einen Wandventilator ausgetauscht. Funde aus Knochen, Leder, Holz, Geweih und Textilien sind hier in einem kompakten Regalsystem sicher davor, dass durch Austrocknung oder zu starke Feuchtigkeit zersetzende chemische Prozesse in Gang gesetzt werden. Sogar Glas kann davon betroffen sein und wird ebenfalls zusammen mit den organischen Materialien gelagert. Denn: ¿Auf der Oberfläche von Glas befindet sich eine mikroskopisch dünne Gelschicht, die bei niedriger Luftfeuchte austrocknen kann¿, schildert Restaurator Sebastian Pechtold. ¿Dadurch können Schadensbilder verstärkt und überhaupt erst verursacht werden.¿

Auch Glas braucht besondere klimatische Bedingungen, damit die Substanz erhalten bleibt. Wie bei diesen prachtvollen Exemplaren.<br>Foto: LWL/Burgemeister

Auch Glas braucht besondere klimatische Bedingungen, damit die Substanz erhalten bleibt. Wie bei diesen prachtvollen Exemplaren.
Foto: LWL/Burgemeister

Textilien sind sehr selten unter archäologischen Funden und zudem ganz besonders empfindlich. Im neuen Organikraum sind sie optimal geschützt.<br>Foto: LWL/Burgemeister

Textilien sind sehr selten unter archäologischen Funden und zudem ganz besonders empfindlich. Im neuen Organikraum sind sie optimal geschützt.
Foto: LWL/Burgemeister

Prachtvolle Ketten mit intensiven Farbverzierungen gehören ebenfalls zu den besonders anspruchsvollen Funden.<br>Foto: LWL/Burgemeister

Prachtvolle Ketten mit intensiven Farbverzierungen gehören ebenfalls zu den besonders anspruchsvollen Funden.
Foto: LWL/Burgemeister

Kopfreliquien waren und sind Zeugen religiöser Kultur. Auch für sie sind jetzt ideale Bedingungen im neuen Depot geschaffen worden.<br>Foto: LWL/Burgemeister

Kopfreliquien waren und sind Zeugen religiöser Kultur. Auch für sie sind jetzt ideale Bedingungen im neuen Depot geschaffen worden.
Foto: LWL/Burgemeister

Pressekontakt

Frank Tafertshofer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235 und Katja Burgemeister, LWL-Archäologie für Westfalen, Telefon: 0251 591-8921.

presse@lwl.org

LWL-Archäologie für Westfalen

Zentrale
An den Speichern 7
48147 Münster Karte und Routenplaner

Der LWL im Überblick

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit mehr als 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 20 Krankenhäuser, 18 Museen, zwei Besucherzentren und ist einer der größten Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.

Zu allen Pressemitteilungen des LWL Zu allen Pressemitteilungen dieser LWL-Einrichtung