26.04.16 | Der LWL LWL-Kämmerer zu Tarifstreit
¿Hauptlast liegt unter der Wasserlinie¿
Dr. Georg Lunemann.
Foto: LWL
Herr Dr. Lunemann, Sie sind LWL-Kämmerer und ¿Personaldezernent zugleich. Haushaltswächter oder Beschäftigtenverantwortlicher ¿ aus welchem Blickwinkel verfolgen Sie die aktuellen Verhandlungen um Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst?
Lunemann: Die rund 16.000 Kolleginnen und Kollegen beim LWL machen einen tollen Job ¿ häufig weit über das geforderte Maß hinaus. Darum habe ich als Personalchef persönlich Verständnis für die hoch angesetzten Forderungen. Gleichwohl müssen wir unter Berücksichtigung der tatsächlichen Auswirkungen von Tariferhöhungen zu einem insgesamt fairen Interessenausgleich kommen, zumal die Kommunen unter Schulden, unter schon nach der letzten Tarifrunde stark gestiegenen Löhnen und unter den Kosten der Flüchtlingsversorgung leiden. Außerdem haben wir eine kaum spürbare Inflationsrate.
Was meinen Sie mit ¿tatsächlichen Auswirkungen`?
Lunemann: Bemühen wir hier mal den Frachtschiff-Vergleich: Vom Ufer aus sieht man oberhalb der Wasserlinie nur einen Teil der Last. Das sind die Mehrkosten für die kommunalen Arbeitgeber von 5,6 Milliarden Euro bei geforderten sechs Prozent mehr Lohn und Gehalt, wie es unlängst die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (VKA) berechnet hat. Unterhalb der Wasserlinie und darum öffentlich kaum wahrnehmbar verbirgt sich jedoch ein weiterer und ebenfalls von den Kommunen zu finanzierender Milliardenbetrag.
Wieso das?
Lunemann: Kommunen und speziell der Kommunalverband LWL sind nicht nur als Arbeitgeber direkt von Mehrkosten betroffen. Sie sind es auch indirekt als Zahlmeister und Kostenträger für soziale Aufgaben sowie bei der Kinder- und Jugendhilfe. Und zwar immer dann, wenn Tarifergebnisse auf Träger der Freien Wohlfahrt und weitere Leistungserbringer in den genannten Bereichen übertragen werden.
Was heißt das konkret?
Lunemann: Nehmen wir das Beispiel LWL: Unmittelbar würde natürlich der Personaletat seiner Kernverwaltung steigen ¿ bei sechs Prozent Tarifsteigerung um 8,1 Mio. Euro jährlich. Mittelbar hätte aber der LWL-Sozialetat gleichzeitig noch etwa das Zehnfache mehr zu verkraften, nämlich fast 90 Mio. Euro. Dieser weit reichende ¿Schatteneffekt` liegt eben daran, dass die Tarifabschlüsse für den öffentlichen Dienst fast eins zu eins in die Tarifwerke der freien und der kirchlichen Träger einfließen. Und ein Großteil der mehr als zwei Milliarden Euro, die der LWL in der Kinder-, Jugend- und Sozialhilfe für Menschen mit Behinderung jährlich umsetzt, sind nun mal Kostenerstattungen für das Personal dieser freien und kirchlichen Aufgabenträger.
Welche Größenordnung hielten Sie als Tarifplus für vertretbar?
Lunemann: Die Forderung der Arbeitnehmer- und das Angebot der Arbeitgeberseite liegen auf dem Tisch. In die laufende Tarifauseinandersetzung mische ich mich nicht mit einer schlichten Prozentzahl ein, sondern nur mit den genannten sachdienlichen Hinweisen.
Pressekontakt
Karl G. Donath, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit mehr als 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 20 Krankenhäuser, 18 Museen, zwei Besucherzentren und ist einer der größten Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
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