16.07.15 | Kultur ¿Quo vadis Denkmalrecht?¿
Über 200 Denkmalpfleger und Juristen diskutieren über den Schutz des kulturellen Erbes
Prof. Dr. Michael Rind, Prof. Dr. Janbernd Oebbecke, Dr. Holger Mertens, Wolfgang Karl Göhner, LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Thale, Prof. Dr. Jörg Haspel und Dr. Markus Harzenetter.
Foto: LWL/Brentführer Ausführliche Bildunterzeile am Ende des Pressetextes.
¿Die Kommunen bitten die Fachbehörden, bei uns ist das der LWL, neben der fachlichen auch verstärkt um rechtliche Beratung in Sachen Denkmalschutz und Denkmalpflege¿, erläuterte LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Thale den Anlass der Tagung. ¿Mit der Veranstaltung möchten wir rechtliche Fragestellungen exemplarisch vorstellen und diskutieren und so das denkmalrechtliche Fachwissen gezielt weitergeben.¿
Zwei Beispiele zeigen, wie groß die gesellschaftliche Bedeutung und konkrete Wirkung des Denkmalrechts ist: Vor kurzem hat die Bundesregierung beschlossen, Stromtrassen wo möglich unterirdisch zu verlegen. Aber bei Erdverkabelungen kann das archäologische Erbe beschädigt werden. Was soll man tun, wenn mitten in der ohnehin schon komplizierten Realisierungsphase ein unbekanntes Bodendenkmal entdeckt wird? Das ist nicht nur ein fachliches Problem, sondern auch eine Herausforderung für die Gesetzgebung. Ein anderes Thema ist die bürgerschaftliche Mitwirkung, die viele Potenziale für den Denkmalschutz bietet wie zum Beispiel bei den Leipziger Wächterhäusern oder im Hamburger Gängeviertel. Bei umweltrelevanten Bauvorhaben sind im Europarecht für die Öffentlichkeit Beteiligungsrechte vorgesehen und Naturschutzverbände haben sogar ein Klagerecht. Obwohl das kulturelle Erbe wie die natürliche Umwelt als Allgemeingut gilt, wird im Denkmalrecht aber noch über Klagerechte diskutiert. Oder ist das schon längst durch das Europarecht abgedeckt? Auch mit dieser Frage beschäftigen sich die Tagungsteilnehmer.
Prof. Dr. Jörg Haspel, Präsident des Deutschen Nationalkomitees vom Internationalen Rat für Denkmalpflege (ICOMOS) und DNK-Mitglied freute sich über die Themenstellung der Tagung: ¿Das DNK hat als Informations- und Diskussionsplattform eine Arbeitsgruppe ¿Recht und Steuerfragen`, in der Juristen und Denkmalpfleger vertreten sind und die Stellungnahmen zu aktuellen Fragen des Denkmalrechts erarbeitet. Dass wir das Thema Denkmalrecht auch mit externen Experten und im internationalen Kontext diskutieren, ist erfreulich und notwendig, um auf die fortschreitende Rechtsprechung zu reagieren, die sich bundesweit, auch in der Frage der Verbindlichkeit von völker- und europarechtlichen Vorgaben, in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt.¿
Prof. Dr. Janbernd Oebbecke von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der WWU begrüßte die Kooperation mit dem DNK und dem LWL: ¿Die rechtswissenschaftliche Arbeit ist auf den Austausch mit der rechtsanwendenden Praxis angewiesen. Eine gemeinsame Tagung mit den im Denkmalschutz tätigen Fachleuten aus den anderen wissenschaftlich Disziplinen ist hierfür eine ausgezeichnete Gelegenheit.¿
Die Zukunft des Denkmalrechts steht in Verbindung mit unterschiedlichen Aspekten der gesellschaftlichen Entwicklung. Themen wie Barrierefreiheit, Energiewende und demographischer Wandel können Auswirkungen auf Rechtsprechung und zukünftige Gesetzgebung haben. Die Kooperationspartner möchten mit der Tagung diesen Tendenzen nachgehen und darüber ins Gespräch kommen.
Hintergrund
Aufgrund der Kulturhoheit der Länder ist die Denkmalschutz-Gesetzgebung in der Bundesrepublik Deutschland in erster Linie Sache der Länder. So gibt es in Deutschland insgesamt sechzehn Denkmalschutzgesetze, die sich z.T. durch die festgelegten Begrifflichkeiten und Abläufe unterscheiden. Zuständig für die Umsetzung vor Ort sind in der Regel lokale Behörden der Städte oder Kreise, ¿Untere Denkmal(schutz)behörde¿ genannt. Sie sind auch Ansprechpartner für die Eigentümer von Denkmälern, wenn es etwa um die Genehmigung von baulichen Eingriffen, die Notwendigkeit archäologischer Maßnahmen oder um Fördermöglichkeiten geht. Fachbehörden beraten die Unteren Denkmalbehörden und sind bei bestimmten Entscheidungsprozessen mit eingebunden oder sogar weisungsbefugt.
In Nordrhein-Westfalen sind diese Fachbehörden bei den Landschaftsverbänden LWL und LVR angesiedelt. Für Westfalen-Lippe übernehmen die LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen und die LWL-Archäologie für Westfalen Aufgaben zur Erfassung, Erforschung, Dokumentation, Pflege, Konservierung und Restaurierung von Denkmälern.
Ausführliche Bildunterzeile:
Freuten sich über das Interesse an der Tagung zum Denkmalrecht (v.l.): Prof. Dr. Michael Rind (Direktor der LWL-Archäologie für Westfalen), Prof. Dr. Janbernd Oebbecke (Westfälische-Wilhelms-Universität Münster), Dr. Holger Mertens (komm. Leiter der LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen), Wolfgang Karl Göhner (Justitiar am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege), LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Thale, Prof. Dr. Jörg Haspel (Präsident des Deutschen Nationalkomitees vom Internationalen Rat für Denkmalpflege) und Dr. Markus Harzenetter (Vorsitzender der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland).
Foto: LWL/Brentführer
Abbruch des ehemaligen Franziskanerklosters in Warendorf im Jahr 2010.
Foto: LWL/Barthold
Pressekontakt
Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235
LWL-Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen
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Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit mehr als 21.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 20 Krankenhäuser, 18 Museen, zwei Besucherzentren und ist einer der größten Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.
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