Transkript anzeigen Abspielen Pausieren

29.10.19 | Kultur Von Werwölfen und kopflosen Erscheinungen

Halloween in der Volkskundlichen Kommission für Westfalen

Handdeuter auf dem Send (zwischen 1948 und 1951). Das Schild ist beschriftet mit "Damen zeigen die linke, Herren die rechte Hand. Nur für Erwachsene über 16 Jahre." <br>Foto: LWL-Archiv Dr. Herwig Happe, Münster

Handdeuter auf dem Send (zwischen 1948 und 1951). Das Schild ist beschriftet mit "Damen zeigen die linke, Herren die rechte Hand. Nur für Erwachsene über 16 Jahre."
Foto: LWL-Archiv Dr. Herwig Happe, Münster
Nutzungsrechte und Download Zu weiteren Bildern

Westfalen (lwl). Hämisch grinsende Kürbisfratzen, gruselige Kostüme und Dekorationsartikel, Horrorfilme und Ankündigungen für entsprechende Partys sind derzeit allgegenwärtig - ein klares Anzeichen für das nahende Halloweenfest. Grund genug für die Volkskundler des Landschaftsbandes Westfalen-Lippe (LWL), in ihren Archiven nach Berichten von unerklärlichen und unheimlichen Begebenheiten zu suchen.

"In unserem Archiv befinden sich über 130 Berichte zu Geistererscheinungen und Vorahnungen", erklärt Kathrin Schulte von der Volkskundlichen Kommission für Westfalen beim LWL. So berichtet ein Lehrer aus Versmold (Kreis Gütersloh) über einen Werwolf, der am Westheider Weg sein Unwesen getrieben haben soll: "In der Dunkelheit sei er dem Wanderer von hinten mit den Vorderbeinen auf die Schultern gesprungen und habe ihm mit feurigem Atem ins Gesicht gehaucht." Auch solle ein "Mensch ohne Kopf" im Versmolder Kirchturm spuken. Doch nicht nur von dort gibt es Berichte von unheimlichen Begebenheiten: Ein Gewährsmann aus Warendorf berichtete unter anderem von einigen Männern aus dem Ort, die ihr Vermögen versoffen und verspielt hatten. Zur Strafe mussten sie mit dem Teufel um das verlorene Geld spielen: "So hat man sie in dunkler Nacht oft gesehen; sie saßen auf glühenden Stühlen an einem glühenden Tisch und spielten mit glühenden Karten." Da sich der Teufel aber vor Ort langweilte, spielte er den Bewohnern Streiche, erschien ihnen als schwarzer Hund, "manchmal erschien er aber auch als ungebetener Gast bei Familienfeiern oder beim Schlachtfest. Man erkannte ihn meistens daran, daß er [...] seinen Weg durch den Kamin nahm."

Bei diesen Berichten handelt es sich oft um Schauergeschichten, die mündlich weitergegeben wurden und die nicht nur bei den Zuhörern, sondern auch bei den Sammlerinnen von Volkskultur auf großes Interesse stießen. Teilweise haben sich die Zuträger aber auch um eine Aufklärung der unheimlichen Begebenheiten bemüht: So schrieb ein Diakon aus Herne der Volkskundlichen Kommission, es sei auf einem alten Friedhof mehrmals "ein größeres Tier" mit "funkelnden Augen" gesehen worden, das sich jedoch als Katze entpuppte. Auch unheimliche Klopfgeräusche auf einem Friedhof fanden ihre Erklärung in einem vom Wind bewegten Holzschild.

"Neben Berichten zu Geistererscheinungen haben wir auch viele Einsendungen zum 'Zweiten Gesicht' erhalten", berichtet Schulte. Das sogenannte "Zweite Gesicht" ist eine Bezeichnung für die Gabe in die Zukunft schauen zu können. "Oft heißt es, jemand habe einen Familienangehörigen im Traum gesehen, kurze Zeit später sei dieser verstorben oder im Krieg gefallen. Auch über das Vorhersehen von Bränden wurde oft berichtet", so Schulte aus. Die Menschen, denen die Gabe des Zweiten Gesichts nachgesagt wurde, bezeichnete man in Westfalen als "Spökenkieker".

Oft waren es Schäfer, die mit der Natur eng verbunden waren. So war es auch ein Schäfer, der im nördlichen Emsland im Moor seine Schafe hütete. Während er gerade auf einem Stein saß, "hörte er ein Brummen und sah einen Wagen ohne Pferde hinten durch das vergrabene Moor fahren." Er soll die erst Jahre später gebaute Straße vorhergesehen haben. Einen überprüfbaren Nachweis des Zutreffens der Vorhersagen gibt es aber nicht. Vielfach wurde erst im Nachhinein von solchen "Gesichten" berichtet oder diese waren so allgemein, dass sie auf spätere Ereignisse auf jeden Fall zutrafen.

"Trotzdem lohnt es sich natürlich gerade an Halloween, die Augen offen zu halten. Vielleicht lauert ja doch ein Teufel oder Werwolf auf einsamen Wegen, um Schabernack mit ahnungslosen Personen zu treiben", so Schulte.

Diese und weitere unheimliche Berichte können Interessierte online im Archiv für Alltagskultur der Volkskundlichen Kommission für Westfalen unter http://www.volkskundliche-kommission.lwl.org/de/ recherchieren und nachlesen.

Schäfern wurde oft die Gabe des "Zweiten Gesichts", also die Fähigkeit, die Zukunft vorherzusehen, nachgesagt.<br>Foto: LWL-Archiv/Adolf Risse (Nienberge), 1953

Schäfern wurde oft die Gabe des "Zweiten Gesichts", also die Fähigkeit, die Zukunft vorherzusehen, nachgesagt.
Foto: LWL-Archiv/Adolf Risse (Nienberge), 1953

Pressekontakt

Markus Fischer, LWL-Pressestelle, Telefon: 0251 591-235

presse@lwl.org

Der LWL im Überblick

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) arbeitet als Kommunalverband mit mehr als 20.000 Beschäftigten für die 8,3 Millionen Menschen in der Region. Der LWL betreibt 35 Förderschulen, 20 Krankenhäuser, 18 Museen, zwei Besucherzentren und ist einer der größten Hilfezahler für Menschen mit Behinderung. Er erfüllt damit Aufgaben im sozialen Bereich, in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Psychiatrie und in der Kultur, die sinnvollerweise westfalenweit wahrgenommen werden. Ebenso engagiert er sich für eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Die neun kreisfreien Städte und 18 Kreise in Westfalen-Lippe sind die Mitglieder des LWL. Sie tragen und finanzieren den Landschaftsverband, dessen Aufgaben ein Parlament mit 125 Mitgliedern aus den westfälischen Kommunen gestaltet.

Zu allen Pressemitteilungen des LWL Zu allen Pressemitteilungen dieser LWL-Einrichtung